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Vorlage-Sammeldokument

                                    
                                        Der Oberbürgermeister

Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Soziales und Integration
Beteiligte Dienststelle/n:
Dezernat II
Fachbereich Finanzsteuerung
Fachbereich Immobilienmanagement
Fachbereich Wohnen
Gebäudemanagement

Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:

FB 50/0084/WP17
öffentlich
17.06.2015

Über - und außerplanmäßige Aufwendungen / Auszahlungen und
Verpflichtungsermächtigungen Haushaltsjahr 2015
Bereitstellung von Mitteln zur Unterbringung von Flüchtlingen
Beratungsfolge:

TOP: 3

Datum

Gremium

Kompetenz

23.06.2015
24.06.2015

SGA
Rat

Anhörung/Empfehlung
Entscheidung

Beschlussvorschlag:
1. Der Wohnungs-und Liegenschaftsausschuss, der Ausschuss für Soziales, Integration und
Demographie und der Finanzausschuss empfehlen dem Rat der Stadt Aachen, der gem. Anlage 1
geplanten Vorgehensweise der Verwaltung zur weiteren Deckung des Wohnbedarfes für Flüchtlinge
zuzustimmen.
2. Es wird empfohlen, die Verwaltung zu beauftragen, zur Deckung des bis Ende des Jahres
voraussichtlich entstehenden Bedarfes zur Unterbringung von Flüchtlingen überplanmäßige Mittel für
das Haushaltsjahr 2015 im Produkt 100803 - Verwaltung und Betrieb von Unterkünften und
Einrichtungen (Wohnungsl., Asylb./Flüchtlinge, Spätaus) in Höhe von maximal 446.502 € konsumtiv
und 422.460 € investiv zur Verfügung zu stellen und die in 2016 – 2018 anfallenden Kosten für den
Gesamthaushalt deckungsfähig einzuplanen.
1. Der Rat der Stadt Aachen stimmt der gem. Anlage 1 geplanten Vorgehensweise der Verwaltung zur
weiteren Deckung des Wohnbedarfes für Flüchtlinge zu.
2.Er beauftragt die Verwaltung, zur Deckung des bis Ende des Jahres voraussichtlich entstehenden
Bedarfes zur Unterbringung von Flüchtlingen überplanmäßige Mittel für das Haushaltsjahr 2015 im
Produkt 100803 - Verwaltung und Betrieb von Unterkünften und Einrichtungen (Wohnungsl.,
Asylb./Flüchtlinge, Spätaus in Höhe von maximal 446.502 € konsumtiv und 422.460 € investiv zur
Verfügung zu stellen und die in 2016 – 2018 anfallenden Kosten für den Gesamthaushalt
deckungsfähig einzuplanen.

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 1/7

Philipp
Oberbürgermeister

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 2/7

finanzielle Auswirkungen
Ansatz
Investive
Auswirkungen

2015 inkl.
bisheriger
üpl./apl.

fortgeschriebener

Ansatz

Ansatz 2015

2016 ff.

fortgeschriebener Ansatz

Gesamt-

Gesamt-

bedarf

bedarf (alt)

2016 ff.

(neu)

Mittel

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

2.300.000

2.722.460

3.112.500

3.112.500

0

0

0

0

0

0

0

0

Ergebnis
+ Verbesserung /
-

-422.460

Verschlechterun

0

g
Deckung ist gegeben

Ansatz
konsumtive
Auswirkungen

2015 inkl.

Fortgeschriebe-

bisheriger

ner Ansatz

üpl./apl.

2015

Fortgeschriebe-

Ansatz

ner Ansatz

2016 ff.

2016 ff.

Folgekos-

Folgekos-

ten (alt)

ten (neu)*

Mittel
Ertrag
Personal-/
Sachaufwand

0

0

0

0

0

0

2.764.240

3.104.702

9.952.776

11.067.713

135.000

155.250

58.500

164.540

702.000

830.459

1.579.500

1.767.460

2.822.740

3.269.242

10.654.776

11.898.172

0

0

Abschreibungen
Ergebnis

* Abschreibungen und

+ Verbesserung /
Verschlechterun

-446.502

-1.243.396

Kapitaldienst für die
Restlaufzeit von 6
Jahren und 9 Monaten

g
Deckung ist gegeben

Deckung erfolgt im Rahmen
der Haushaltsplanung 2016

Die weiteren investiven Auszahlungen dienen der Beschaffung von 13 zusätzlichen Containern sowie
der Beschaffung von Mobiliar für die nun anzumietenden 57 Container und der insgesamt 108
angekauften Container.
Davon werden Mittel in Höhe von 96.000 € als geringwertige Wirtschaftsgüter verbucht und damit im
Jahr der Anschaffung vollständig abgeschrieben.
Die übrigen Auszahlungen in Höhe von 48.000 € für Mobiliar über 410 € werden über 3 Jahre
abgeschrieben.

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 3/7

Soweit eine 1. Tranche Miete der Container (57 Stück) und Herrichtung des Grundstückes bis Anfang
Dezember möglich und erforderlich ist, werden mit diesem Beschluss, wie bei den finanziellen
Auswirkungen dargestellt, Gelder bereitgestellt.
Die weiteren erforderlichen Anmietungen von Containern aus dem Rahmenvertrag erfolgen nach
derzeitigem Kenntnisstand wahrscheinlich im Haushaltsjahr 2016 und werden im Rahmen der
Entwurfsaufstellung zum Haushaltsplan berücksichtigt.
Die Deckung der investiven Auszahlung erfolgt aus Einsparungen bei
PSP-Element 5-120102-000-07300-300-1 „Salierallee“.
Die Deckung im konsumtiven Bereich erfolgt im Rahmen des Jahresabschlusses. Dabei ist die im
laufenden Haushaltsjahr durch die im Bund – Länder – Arbeitsgespräch im Asyl- und
Flüchtlingsgespräch beschlossene Verdoppelung der pauschalen Soforthilfe des Bundes
einzubeziehen.
*anteilige Aufwendungen für das Jahr 2015 für die Anmietung Bushof/Turpinstr., verschiedene Objekte Innenstadt
sowie aus dem Kauf von 95 Containern und der jetzigen Vorlage

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 4/7

Erläuterungen:
Ausgangslage
Der Rat der Stadt Aachen hat der Verwaltung am 20.5.2015 die erforderlichen Mittel zur Deckung des
zusätzlichen Mittelbedarfes zur Unterbringung für Flüchtlinge bis zum Ende des dritten Quartales 2015
zur Verfügung gestellt.
Die Verwaltung hat seinerzeit dargestellt, dass bis zum Ende des Jahres 2015 mit insgesamt bis zu
2100 bis 2200 Flüchtlingen zu rechnen und in der Folge davon auszugehen ist, dass für das laufende
Jahr zur Schaffung von weiteren 400 bis 500 Plätzen weitere überplanmäßige Mittel in beträchtlichem
Umfang benötigt werden.
Prognose
Auch im Folgejahr muss nach derzeitigen Erkenntnissen mit einem weiteren Anstieg der
Flüchtlingszahlen gerechnet werden. Die Verwaltung kalkuliert zurzeit einen Nettozuwachs von 50
Menschen je Monat in 2016.
Wie schwierig ein Blick in die Zukunft ist, hat die kürzlich herausgegebene Prognose des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bewiesen, nach der eine Steigerung der Anzahl der
AsylbewerberInnen für das laufende Jahr um über 50% erwartet wird. Hinzu kommen weitere
Faktoren wie eine zurzeit diskutierte Aufnahmequote für Flüchtlinge aus Italien und Griechenland und
krisenhafte Entwicklungen in einigen Herkunftsländern. Diese Entwicklungen spiegeln sich in den
aktuellen Zahlen (noch) nicht wieder.
Es ist eine große Herausforderung, einerseits eine Bedarfsdeckung sicherzustellen und andererseits
keine Überkapazitäten zu schaffen.
Verstärkt wird das Problem noch durch die Tatsache, dass die Bereitstellung von Wohnmöglichkeiten
für Flüchtlinge eines längeren Vorlaufes bedarf. Das gilt insbesondere dann, wenn neuer Wohnraum
gebaut werden muss, weil trotz aller intensiven Bemühungen die zur Vermietung angebotenen bzw.
zur Verfügung stehenden Wohnungsbestände nicht zur Deckung des Bedarfes ausreichen.
In der Anlage 1 schildert die Verwaltung die beabsichtigte Herangehensweise zur Bewältigung der
anstehenden Aufgaben.
Maßnahmen zur Bedarfsdeckung
Seit der letzten Ratssitzung hat sich herausgestellt, dass drei Objekte, die bis Ende des Jahres bereit
gestellt werden sollten, wegfallen oder erst im Laufe des ersten Quartals 2016 fertiggestellt werden
können. Andererseits werden aktuell mehrere Angebote geprüft, die im Bestand (teilweise nach
Umbau/Ausbau von größeren Gewerbeflächen) möglicherweise angemietet werden können.
Wie der Anlage 1 entnommen werden kann, stellt die Aufstellung von Wohncontainern für die
Verwaltung neben der Herrichtung von Turnhallen die „Ultima Ratio“ dar. Wohncontainer sind
verhältnismäßig teuer. Grundstücke müssen erschlossen und hergerichtet werden. Die Nutzbarkeit ist
auch weniger flexibel als bei konventionellen Bauten.
Es wäre zu kurz gesprungen, den aktuell bis Ende des Jahres 2015 erwarteten Fehlbedarf durch die
Aufstellung von Wohncontainern abdecken zu wollen, wenn noch andere Optionen bestehen.

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 5/7

Die Aufstellung von Containern erfordert bei europaweiter Ausschreibung einen Vorlauf von 6-7
Monaten. Bis dahin können möglicherweise andere, besser geeignete oder kostengünstigere
Lösungen gefunden werden.
Andererseits muss bereits jetzt eine Ausschreibung unter Berücksichtigung der maximal notwendigen
Container erfolgen, damit im Bedarfsfall hinreichend Wohnraum zur Verfügung steht.
Um ihre Aufgaben möglichst bedarfsgerecht und kostengünstig bewältigen zu können, muss die
Verwaltung die dafür notwendige Flexibilität haben.
Es wird deshalb vorgeschlagen, die für eine europaweite Ausschreibung voraussichtlich maximal
erforderlichen Mittel bereit zu stellen.
Das würde der Verwaltung ermöglichen umgehend europaweit eine Ausschreibung durchzuführen
über die Aufstellung von zunächst 57 Containern zur Unterbringung von 80 Menschen zur Anmietung
für zunächst 3 Jahre mit der Option, dieses Kontingent auf die zur Unterbringung von 500 Menschen
benötigte Anzahl von Containern aufzustocken sowie die Laufzeit bei Bedarf zu verlängern.
Die ersten 57 Container sollen auf dem Sportplatz Adenauerallee aufgestellt werden, wenn dieser nach Fertigstellung eines Kunstrasenplatzes an anderer Stelle- nicht mehr benötigt wird.
Darüber hinaus soll die Standortfrage außen vor bleiben und nach aktueller Lage entschieden werden.
Ein weiterer bedarfsorientierter Abruf von Containern aus dem Rahmenvertrag ist dem Rat der Stadt
anzuzeigen und daraus ggfls. resultierende überplanmäßige Mittelbereitstellungen sind durch den Rat
zu genehmigen.
So können die parallel laufenden Bemühungen in Bezug auf die Nutzung alternativer Wohnflächen
weiter verfolgt werden, ohne dass im Bedarfsfall wertvolle Zeit für eine erneute Ausschreibung
verstreicht.
Die bereit gestellten Mittel können alternativ für diese Alternativen zu Containerbauten verwendet
werden, was ggfs. zu Einsparungen führen dürfte.
Um den bis Ende 2015 benötigten Wohnraum notfalls mit Containern abdecken zu können, ist die
Bereitstellung von zusätzlichen Haushaltsmitteln in Höhe von in Höhe von maximal 446.502 €
konsumtiv und 422.460 € investiv erforderlich.
Der Rat hat am 20.05.2015 beschlossen, alternativ die Mittel zum Kauf oder zur Anmietung von
Containern für die Unterbringung von 140 Menschen bereit zu stellen. Das entspricht 95 Containern.
Die endgültige Entscheidung war vor dem Hintergrund der allgemein zu erwartenden Bedarfslage und
im Abgleich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu treffen. Da grundsätzlich bei einer
unterstellten 10jährgen Nutzungsdauer (nicht Standort gebunden) die Belastungen in Folge eines
Kaufes per anno geringer sind, hat die Verwaltung vor dem Hintergrund der mutmaßlichen
Bedarfslage diese Beschaffung im Wege des Kaufs vorgezogen. Die entsprechenden Unterlagen
eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb sind fertiggestellt.

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 6/7

Parallel haben die vorbereitenden Arbeiten gezeigt, dass auf den zur Bebauung vorgesehenen
Grundstücken
-

Parkplatz Kronenberg/Gemmenicher Weg und

-

Haaren/Laachgasse

insgesamt 108 Container zur Aufstellung gelangen können. Aus wirtschaftlichen Erwägungen ist nun
vorgesehen, die maximal mögliche Bebauung an dieser Stelle vorzunehmen und 13 Container
zusätzlich zu bestellen und die damit verbundenen finanziellen Mehrbelastungen durch den Rat
bereitstellen zu lassen. Bei der folgenden europaweiten Ausschreibung wurde das Kontingent
entsprechend reduziert.
Diese Vorgehensweise bietet neben dem wirtschaftlichen Aspekt auch den Vorteil, dass der
dringliche Bedarf an Unterkünften, die zusätzlich bis Oktober wahrscheinlich benötigt werden,
voraussichtlich gedeckt werden kann.

Anlage 1: Konzept

Vorlage FB 50/0084/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 16.12.2015

Seite: 7/7

Stadtverwaltung Aachen
- Dezernat VI Wirtschaftsförderung, Soziales und Wohnen

Unterbringung von Flüchtlingen durch den
Fachbereich Soziales und Integration
Konzeptpapier
Stand: 16.06.2015

Agenda

Kapitel 1

Ausgangslage der Flüchtlinge

1.1
1.2

Lage
Prognose
1.2.1
1.2.2

Bundesweite Prognose
Prognose für Aachen

Kapitel 2

Versorgung der Flüchtlinge

2.1
2.2

Betreuung und Fürsorge
Unterbringung

Kapitel 3

Bewältigung der aktuellen Herausforderungen und Rahmenbedingungen

3.1
3.2

Bewältigung der aktuellen Herausforderungen
Rahmenbedingungen bei der Schaffung von Unterbringungsplätzen

Kapitel 4

Strategie zur hinreichenden Schaffung von Wohnraum

4.1
4.2
4.3

Kurzfristig bzw. unterjährig realisierbare Maßnahmen, auch in Folgejahren
Mittel- bis langfristige Lösungen
Fazit

Kapitel 1
1.1

Ausgangslage

Lage

Flucht und Vertreibung gibt es, seitdem es Menschen gibt. Ob Kriege oder Missernten, Verfolgung oder
wirtschaftliche Not, Umweltkatastrophen oder fehlende Lebensperspektiven - die Gründe, warum Menschen
ihre Heimat verlassen, sind vielfältig.
Seit Ende des 20. Jahrhunderts haben sich die Flüchtlingsbewegungen globalisiert. Zwar bilden kriegerische
Konflikte weiterhin oftmals die Ursache, doch zunehmend spielen auch andere Gründe eine Rolle, warum
Menschen ihre Heimat verlassen: Armut, Hunger, Umweltkatastrophen und fehlende Lebensperspektiven.
Die westlichen Industrienationen verheißen zurzeit am meisten Sicherheit und Wohlstand und sind somit zum
Ziel von Millionen Flüchtlingen aus armen und konfliktbeladenen Regionen, vor allem aus Afrika und Asien,
geworden. Besonders die USA sowie die Staaten der Europäischen Union sind beliebte Ziele.
Die Flüchtlinge nehmen dafür große Strapazen und hohe finanzielle Belastungen in Kauf und riskieren nicht
selten - etwa bei der Überfahrt von Nordafrika durch das Mittelmeer - ihr Leben. Und selbst wenn ihnen die
Einreise gelingt, kommt es oft vor, dass sie nicht als asylsuchende Flüchtlinge anerkannt und zurück in ihre
Heimat abgeschoben werden.
Trotz der wachsenden Hilfsangebote von verschiedenen Seiten hat sich die Lage für Flüchtlinge im neuen
Jahrtausend nicht verbessert. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen befinden sich weltweit zirka 51
Millionen Menschen auf der Flucht.
In Aachen sind aktuell 979 Flüchtlinge untergebracht. Die stärksten Herkunftsländer sind der nachstehenden
Abbildung zu entnehmen.

Nationenstatistik Stand 29.05.2015
Serbien; 136; 14%
Sonstige; 267; 27%

Kosovo; 118; 12%

Irak; 28; 3%
Mazedonien; 96;
10%

Russische
Förderation; 29; 3%
Afghanistan; 37; 4%
Ghana; 39; 4%
Albanien; 62; 6%

Nigeria; 85; 9%
Syrien; 82; 8%

1.2
1.2.1

Prognose
Bundesweite Prognose

Asylsuchende Menschen werden nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel entsprechend der
Einwohnerzahl und Fläche auf die Bundesländer (§ 45 Asylverfahrensgesetz) und innerhalb von NRW auf die
Städte und Landkreise verteilt (§ 3 Flüchtlingsaufnahmegesetz).
Laut Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wird weiterhin mit einem Anstieg der
Asylanträge gerechnet. Nach der aktuellen Prognose des BAMF aus Mai 2015 werden im laufenden Jahr
2015 voraussichtlich mehr als 400.000 Menschen erstmalig einen Asylantrag in Deutschland stellen. Hinzu
kommen weitere 50.000 Folgeantragsteller.
Entwicklung der Asylantragszahlen seit 2010
500.000
450.000
450.000

400.000
350.000
300.000
250.000
200.000
202.834

150.000
100.000

127.023

50.000
0

1.2.2

48.589

53.347

2010

2011

77.651
2012

2013

2014

2015
(geschätzt)

Prognose für Aachen

Die Bedarfsprognose der Verwaltung basiert auf den Zahlen von Bund und Ländern. Für die Verwaltung stellt
sich die Herausforderung, dass diese Prognosen sehr voneinander abweichen und sich auch sehr kurzfristig
verändern. Mittlerweile wird auch immer offener von einer historischen Völkerwanderung gesprochen. Das
würde bedeuten, dass die Stadt Aachen dauerhaft mit einem hohen Flüchtlingsaufkommen konfrontiert sein
wird.
Einerseits würde eine zu optimistische Schätzung dazu führen, dass eine ordnungsgemäße Unterbringung
nicht gewährleistet ist, andererseits führt eine zu pessimistische Prognose zu einer Schaffung von Wohnraum,
der für Flüchtlinge nicht benötigt wird. Aus Kostengründen ist dies selbstredend zu vermeiden.
Neben den prognostizierten Asylantragstellern, die der Stadt Aachen zugewiesen werden, ist eine Vielzahl von
Personen unterzubringen, die unerlaubt nach Deutschland einreisen und Abschiebungsschutz geltend macht.
Zudem steigt weiterhin die Zahl der unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtlinge (UMF). Nicht
eingerechnet sind auch die Menschen, die Deutschland im Rahmen des Resettlement- Programms aufnimmt
sowie die syrischen Flüchtlinge, denen vom Bund Aufnahmezusagen erteilt werden. Die Personen, die eine
Aufnahmezusage von Land NRW erhalten haben, bedurften bislang noch keiner Unterbringung. Es ist jedoch

damit zu rechnen, dass Unterbringung und Verpflegung nicht in allen Fällen dauerhaft von den Verwandten
sichergestellt werden kann.
Weiterhin ist zu beachten, dass die Verwaltung auch laufende gesetzliche Entwicklungen auf Bundes- und
Landesebene einkalkulieren muss. Als Beispiel seien hier die eventuellen Auswirkungen einer Belassung von
Flüchtlingen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern für die Dauer des Asylverfahrens in den
Landeseinrichtungen genannt.
Unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Einflussfaktoren geht die Verwaltung in ihrer Prognose daher
derzeit davon aus, dass bis Ende 2015 bis zu 2200 Flüchtlinge in Aachen leben werden. Im Folgejahr wird
sich die Entwicklung fortsetzen. Die Verwaltung kalkuliert zurzeit einen Nettozuwachs von 50 Menschen pro
Monat für das Jahr 2016, so dass zum Jahresende 2016 durchaus 2800 Flüchtlinge oder mehr in Aachen
leben könnten.
Das nachfolgende Diagramm zeigt die Entwicklung der Flüchtlingsunterbringung seit dem Jahr 2010.

Entwicklung der Zahl der untergebrachten Flüchtlinge innerhalb
der Stadt Aachen
3.000

2.800

2.500

2.200

2.000
1.500
875

1.000
532
500

182

206

2010

2011

341

0
2012

2013

2014

2015

2016
(geschätzt)

Ein erneuter Rückgang der Flüchtlingszahlen ist mit Blick auf die globale Entwicklung, auf die europanahen
Krisenherde und die nach wie vor ungleichen Verhältnisse in Teilen Europas derzeit nicht absehbar.

Kapitel 2

2.1

Versorgung der Flüchtlinge

Betreuung und Fürsorge

Betreuung
Die seitens der Stadt Aachen untergebrachten Flüchtlinge werden durch Hausmeister und Sozialarbeiter
betreut. Der Umfang der Betreuung richtet sich nach der Art der Unterbringung und dem persönlichen Bedarf
der Flüchtlinge.
Die Aufnahme erfolgt in der Regel in Übergangsheimen mit gemeinschaftlicher Nutzung von Küche und
sanitären Einrichtungen. Je nach Haushaltsgröße werden den Flüchtlingen ein oder mehrere Zimmer zur
Verfügung gestellt. Der Hausmeister vor Ort ist verantwortlich für die Sauberkeit im Haus, insbesondere der
Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad, Waschküche). Zudem sorgt er für Ordnung auf dem Gelände. Von ihm
werden die Flüchtlinge unter anderem in der Handhabung der elektrischen Geräte (insbesondere Elektroherde
und Waschmaschinen) und mit der Mülltrennung vertraut gemacht. Sie werden für angemessenes Verhalten
im Haus sensibilisiert und über die Regelungen der Hausordnung informiert.
Die soziale Betreuung erfolgt durch die SozialarbeiterInnen vor Ort. Sie unterstützen die Flüchtlinge bei der
Beantragung existenzsichernder Leistungen (Geldleistungen und Krankenschutz), eröffnen mit Ihnen ein
Konto, vermitteln im Bedarfsfall Ärzte und Therapien, begleiten die Anmeldung der Kinder in Schulen und
Kindergärten usw. Im Team mit den Hausmeistern vermitteln sie bei Problemen der Bewohner untereinander.
Je nach Kapazitäten kann eine Aufnahme auch in einem städtischen Übergangsheim mit abgeschlossenen
Wohnungen erfolgen. Die Wohneinheiten werden mit Familien oder in Form von Wohngemeinschaften belegt.
Auch hier befinden sich in der Regel die Büros der SozialarbeiterInnen und Hausmeister im Gebäude, so dass
eine engmaschige Betreuung der Flüchtlinge erfolgen kann.
Die Unterbringung in dezentralen Wohnungen kommt für Flüchtlinge in Betracht, die mit den hiesigen
Gepflogenheiten bereits vertraut sind und sich bestenfalls auch in gewissem Umfang sprachlich (Deutsch,
Englisch) verständigen können. Auch die wohnungsmäßige Unterbringung wird durch die Kollegen vor Ort
begleitet. Die Flüchtlinge können sowohl die Hilfe der Hausmeisters als auch der SozialarbeiterInnen in dem
bisherigen bzw. nächstgelegenen Übergangsheim in Anspruch nehmen.
Zudem werden sie in ihrer Wohnung aufgesucht, um Unterstützungsbedarf zu erkennen (ggfls. wird das
Wohnverhalten thematisiert, zwischenzeitlich eingegangene Post wird durchgesehen usw.). Die
SozialarbeiterInnen und Hausmeister stehen auch für die Vermieter und Anwohner als Ansprechpartner zur
Verfügung. Bei Problemen kann unmittelbar eingegriffen werden. In der Regel werden sodann Gespräche mit
den Bewohnern geführt. Über die Kollegen vor Ort kann auch der Kontakt zwischen Bewohnern und
ehrenamtlich engagierten Anwohnern, Vereinen, Kirchengemeinden usw. hergestellt werden.

Fürsorge
Aachen ist eine weltoffene Stadt. Flüchtlinge werden willkommen geheißen. Es gibt zahlreiche professionelle
und ehrenamtliche Aktivitäten zur Verbesserung der Lebensumstände und der Integration dieser Menschen.
Im „Bündnis für Flüchtlinge“ mit seinen drei Arbeitsgruppen werden diese Aktivitäten – soweit es von den
Akteuren gewünscht und sinnvoll ist - vernetzt, koordiniert und unterstützt.

Insbesondere die Themen
-

Organisation und Begleitung von bürgerschaftlichem Engagement
Bildung und Sprache
Übergang Schule/ Beruf
Gesundheit
Psychosoziale Notfallversorgung
Traumaberatung

hat die Verwaltung gemeinsam mit ihren PartnerInnen im Blick.
Eine vertiefte Betrachtung dieser Themen findet
Unterbringungsproblematik nicht statt.

2.2

aufgrund der hier im Fokus stehenden

Unterbringung

Das Vorgehen
Bei der Unterbringung von Flüchtlingen handelt es sich um eine kommunale Pflichtaufgabe. Wie die
überwiegende Anzahl der Städte in Nordrhein- Westfalen steht die Stadt Aachen seit Monaten unter enormem
Druck, ausreichende Kapazitäten zu schaffen. Wie der medialen Berichterstattung seit langem zu entnehmen
gewesen ist, hat gerade Aachen als Wissenschaftsstadt mit seinen rund 56.000 Studierenden mit einer
enormen Wohnraumverknappung zu kämpfen. Verschiedene Zielgruppen wie Studierende, Familien, ältere
Menschen, einkommensschwache Haushalte, aber eben auch Flüchtlinge drängen auf den Wohnungsmarkt
und stellen Kommunen wie Aachen vor große Herausforderungen.
Zudem gestaltet sich der Umzug von Menschen, die aufgrund des ihnen erteilten Aufenthaltstitels berechtigt
sind, selbstständig Wohnraum anzumieten, immer schwieriger. Insbesondere große Familien und
alleinstehende Personen sind auf dem Aachener Wohnungsmarkt kaum zu vermitteln.
Seit Dezember 2012 hat sich daher zunächst eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe unter Beiziehung der
gewoge AG intensiv mit der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge beschäftigt.
Sukzessive wurde ersichtlich, dass eine Abdeckung des Bedarfes aufgrund der angespannten
Wohnungsmarktsituation mit und mit schwieriger wird.
In einem Konzept, das dem Rat der Stadt in seiner Sitzung am 02.07.2014 vorgelegt und dort auch
entsprechend verabschiedet wurde, hat die Verwaltung ihre Vorgehensweise zur Bedarfsdeckung
vorgeschlagen.
Seit Herbst 2014 tagt zur Bewältigung dieser Aufgabe wöchentlich eine erweiterte Projektgruppe als eine
Vorstufe zum städtischen Krisenstab unter Vorsitz von Dezernat VI im Lagebesprechungsraum der
Feuerwehr.
Mangels ausreichender Alternativen werden in den wöchentlichen Besprechungen auch Objekte in Betracht
gezogen, die unter normalen Umständen, z.B. aus wirtschaftlichen Erwägungen, kritisch einzustufen wären, in
Anbetracht der angespannten Lage jedoch durchaus näher betrachtet werden müssen.
Fakt ist, dass die Verwaltung - Stand 29.05.2015 - ca. 979 Flüchtlinge untergebracht hat. Unter
Berücksichtigung auch der nicht dauerhaft zu nutzenden Plätze steht derzeit Wohnraum für rund 1150
Menschen zur Verfügung.

Die Parameter
Die Verwaltung hat den politischen Auftrag, unabhängig von der aktuellen Herausforderung Wohnraum für
1000 Flüchtlinge zu schaffen, der dauerhaft vorzuhalten ist. Dabei sollen die Optionen bevorzugt werden, die
eine sinnvolle Zwischennutzung zulassen, falls der Wohnraum nicht für Flüchtlinge benötigt wird.
Bei der Schaffung dieser Unterbringungskapazitäten werden – soweit irgendwie möglich - folgende
Qualitätsstandards berücksichtigt:








20% des Bedarfs sind durch eingestreute Einzelwohnungen zu decken
50% der Flüchtlinge sollen in Einrichtungen mit Einzelwohnungen leben können
30% der unterzubringenden Personen sind Räume in Einrichtungen mit gemeinschaftlich zu
nutzenden Küchen und sanitären Anlagen zur Verfügung zu stellen
Es sollen auf Dauer nicht mehr als 50 Personen an einem Standort untergebracht werden. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass zumindest für einen Übergangszeitraum dieser Standard nicht eingehalten
werden kann.
Es müssen Pufferkapazitäten bereitgehalten werden
Objekte, die bei abnehmenden Fallzahlen anderweitige Nutzungen ermöglichen, sind vorzuziehen
Es sollen möglichst alle Stadtteile gleichmäßig berücksichtigt werden.

Unter Berücksichtigung aller vertraglich gesicherten aber noch nicht in Gänze hergestellten Objekte, verteilen
sich die dauerhaften 1000 Unterbringungsplätze (Stand Mai 2015) wie folgt auf das Stadtgebiet:
Bezirk

Einwohner
im Bezirk
162.093

Anteil
Gesamtbevölkerung
64,65 %

Plätze- Soll

Plätze-Ist

Differenz

646

578

68

Aachen- Brand

17.197

6,86 %

69

24

45

Aachen- Eilendorf

15.471

6,17 %

62

73

-11

Aachen- Haaren

12.198

4,86 %

49

53

-4

Aachen- Kornelimünster/
Walheim
Aachen- Laurensberg

15.607

6,22 %

62

46

16

19.528

7,79 %

78

54

24

Aachen- Richterich

8.640

3,45 %

34

13

21

250.734

100,00 %

1.000

841

159

Aachen

Gesamt

Der nach Kategorien unterteilte Umsetzungsgrad des Konzeptes gestaltet sich wie folgt:
Ziel Plätze

Ist Plätze

Differenz

600
500
500
400
300

341

329

300
200
171

100

200

171
129

0
Übergangsheim
Gemeinschaftseinrichtung

-100

Übergangsheim Wohnungen

abgeschlossene Wohnung
-141

-200

Die in Einzelwohnungen verfügbaren Plätze (341) wurden durch die Stadt Aachen bzw. die gewoge AG (188
Plätze) und durch Anmietungen bei anderen Anbietern (153) geschaffen).

Kapitel 3

3.1

Bewältigung der aktuellen Herausforderungen und Rahmenbedingungen

Bewältigung der aktuellen Herausforderungen

Über die dauerhaft zu planenden Wohnräume hinaus ist der aktuellen Lage Rechnung zu tragen.
Art
Übergangsheim
Gemeinschaftseinrichtung

befristet
175

unbefristet
81

gesamt
256

0

189

189

abgeschlossene Wohnung

355

341

696

Gesamt

530

611

1.141

Übergangsheim Wohnungen

Es wird vorrangig versucht, abgeschlossene Wohnungen im Eigentum der Stadt, der gewoge AG sowie von
Bund und Land zu akquirieren. Ein Überblick über alle derzeit zur Verfügung stehenden Plätze in
abgeschlossenen Wohnungen ergibt sich aus nachfolgender Übersicht:
Abgeschlossene Wohnung
Bund

befristet
0

unbefristet
35

gesamt
35

Land

48

0

48

Stadt/ gewoge AG

134

188

322

Kirchen

13

2

15

Investoren

147

13

160

Gewerbliche

13

20

33

Private

0

83

83

Gesamt

355

341

696

Im Mai 2015 sind keine Zuweisungen erfolgt, so dass voraussichtlich bis mindestens Ende Juni 2015
ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden konnten. Nach aktueller Berechnung werden
aber bereits - nach Abzug der bis dahin noch voraussichtlich angemieteten Objekte - bis Ende des Jahres bis
zu weitere 500 Plätze fehlen.

3.2

Rahmenbedingungen bei der Schaffung von Unterbringungsplätzen

Nachfolgend sind die wesentlichen Rahmenbedingungen und Restriktionen stichpunktartig aufgeführt:
- Geld- und Personalknappheit
- Vergaberecht
- Begrenzte Zahl städtischer Grundstücke und diese teilweise mit erheblichen Restriktionen (Bsp.
temporäre Unterbringung in Gewerbegebieten)
- Wohnraummangel insbesondere im preiswerten Segment
- Wohnungsrechtlich ist die Inanspruchnahme öffentlich geförderter Wohnungen nur im
begründeten Einzel-/ Ausnahmefall zulässig, wenn das öffentliche Interesse an der Belegung mit
einem Wohnberechtigten mit WBS nicht besteht oder hohe Leerstände bestehen.
- Landesrichtlinien zur Förderung von Neubaumaßnahmen (auch durch Schaffung von Wohnraum
in bestehenden Gebäuden) als Wohnraum für Flüchtlinge sind in Arbeit (über Fortgang wird
berichtet)
- Prognoseunsicherheit und zeitliche Restriktionen
- Angespannte Marktsituation und genereller Mangel an preiswertem Wohnraum erzeugen
teilweise Konditionen, die erheblich über Marktpreisen bzw. Mietspiegel liegen
- Bei der Rekrutierung von eingestreuten Wohnungen ist auf die Vermeidung überforderter
Nachbarschaften zu achten
- Geringe Resonanz auf Aufrufe über die Medien

Kapitel 4

Strategie zur hinreichenden Schaffung von Wohnraum

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen kurzfristig bzw. unterjährig realisierbaren Maßnahmen bzw.
mittel- bis langfristigen Lösungsansätzen. Im Folgenden werden Unterbringungsoptionen benannt, die
strukturell außerdem mit Prioritäten versehen sind.
Zu beachten ist hierbei, dass die Prioritäten kaskadenartig gestaffelt sind. Insbesondere die Prioritäten IV und
V werden verwaltungsseitig im Vergleich als „ultima ratio“ betrachtet. Es ist andererseits hierbei zu beachten,
dass im Einzelfall immer auch eine Abwägung stattfinden muss, so dass auch Unterbringungsoptionen in
Betracht gezogen werden, die (zunächst) unwirtschaftlich oder sehr aufwendig erscheinen, letztlich aber
alternativlos sind.

4.1

Kurzfristig bzw. unterjährig realisierbare Maßnahmen, auch in Folgejahren

Priorität I:

Nutzung von bestehendem Wohnraum

Beispiele:

Bestehender Wohnraum im städtischen Eigentum, im Eigentum der gewoge AG oder externer
Vermieter (durch Anmietung oder Ankauf)

Vorteile:
-

Schnelle Verfügbarkeit
Integration/ Vermeidung Konzentration
Wirtschaftliche Lösungen
Keine Belastung Investitionshaushalt
Keine 24- Stunden- Betreuung erforderlich (Kosten rd. 270 T Euro pro Standort p.a.)

Nachteile:
-

Wohnraumknappheit verschärft sich
Kapazitäten begrenzt und allein nicht geeignet, um den kurzfristigen Bedarf abzudecken (Bedarf
entwickelt sich in anderem Tempo als Verfügbarkeit/ Fluktuation )
Auch Kapazitäten in Gemeinschaftseinrichtungen werden grundsätzlich benötigt
Bei Ankauf Belastung des Investitionshaushalts

Es ist auch auf Nachteile in Bezug auf die Belegung von städtischen frei finanzierten Wohnungen
hinzuweisen, die jedoch durch ein zwischen den Fachbereichen 23, 50 und 64 sowie der gewoge AG
abgestimmtes Verfahren gemildert werden (siehe Beratung zu TOP ö 4 im Wohnungs- und
Liegenschaftsausschuss am 19.05.2015):
-

zusätzliche Belastung des Segmentes mit preiswertem Wohnraum
Erschwerung der Daseinsfürsorge für dringende Wohnungsnotfälle
Auswirkungen auf nachhaltige Entwicklung des Wohnungsbestandes
Mietpreisentwicklung

und

der

Priorität II:

Nutzung von städtischen Bestandsgebäuden

Beispiele: Schulen Franzstraße und Händelstraße, nach den Sommerferien 2015 auch Teile der Schule in
Eilendorf.
Vorteile:
- Relativ schnelle Verfügbarkeit, sofern die schulische Nutzung beendet werden kann
- Überschaubare Herrichtungskosten
Nachteile:
- In der bisherigen Ausprägung kann eine Gesamtentwicklung der Areale behindert bzw. verzögert
werden (z.B. Schaffung von Wohnraum)
- es stehen bislang zu wenig Gebäude/ Kapazitäten für diesen Zweck zur Verfügung
- Gemeinschaftseinrichtungen mit hohem Betreuungsaufwand/ personellem Aufwand
- Als Dauerlösungen nicht geeignet
- Nach derzeitigem Planungs- und Entwicklungsstand nicht ausreichend in Rede stehende
Gebäude zur Deckung des absehbaren Bedarfs

Priorität III:

Umwandlung von bislang gewerblich genutzten Gebäuden privater Anbieter in
Gemeinschaftsunterkünfte oder Wohnraum

Beispiele: Turpinstraße und Bushof

Vorteile:
-

Relativ zeitnahe Verfügbarkeit (allerdings in großer Abhängigkeit von der jeweiligen Immobilie)
Keine Belastung des Investitionshaushalts
Als Zwischenlösungen geeignet

Nachteile:
-

-

teurer als Nutzung von Wohnraum, insb. Mieten und bei Gemeinschaftsunterkünften auch
Personaleinsatz. Jedoch erforderlich, um den Bedarf zu decken, da Wohngebäude und städtische
Nicht- Wohngebäude bislang nicht in ausreichender Zahl in Rede stehen für eine Nutzung (z.B.
Schulen)
Aufwendig in der Anbahnung/ Prüfung

Priorität IV:

Kauf oder Anmietung von Wohncontainern von Privaten oder auf städtischen
Grundstücken

Vorteile:
-

Zur Überbrückung geeignet, nur wenn durch Prioritäten I – III absehbar nicht genügend Plätze
geschaffen werden können
Abgeschlossene Wohneinheiten, keine 24- Stunden- Betreuung erforderlich
Im Vergleich zu dauerhaften Lösungen kurzfristiger realisierbar

Nachteile:
-

Priorität V:

Relativ teure Lösungen (Mietkonditionen)
Langfristig kein Modell für die Stadt Aachen
Vorlauf erforderlich für Ausschreibung (Beachtung Vergaberecht) und Grundstücksprüfung

Belegung von Turnhallen

Vorteile:
-

Zeitlicher Vorlauf ist gering, als Notlösung geeignet, wenn alle anderen Maßnahmen nicht schnell
genug realisiert werden können
Relativ niedrige Kosten (keine Mietzahlungen; jedoch 24- Stunden- Betreuung erforderlich)

Nachteile:
-

Unterbringung kaum zumutbar, zumindest nicht für einen längeren Zeitraum
Schul- und Vereinssport wird behindert
Nur bedingte Überbrückungsmöglichkeit

4.2

Mittel- bis langfristige Lösungen

Als mittel- bis langfristige Lösungen sieht die Verwaltung die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum an.
Dabei ist grundsätzlich festzustellen, dass im städtischen Portfolio wenige gut geeignete, sofort bebaubare
Grundstücke vorhanden sind. Die Verwaltung hat diesbezüglich insbesondere mit Blick auf baurechtliche
Aspekte eine Liste erstellt, die regelmäßig ergänzt und aktualisiert wird.
In der Sitzung des Wohnungs- und Liegenschaftsausschusses vom 19.05.2015 wurde beschlossen, die vier
geeignetsten Grundstücke (Albert-Einstein-Str., Kalverbenden, Birkenstr., Burggrafenstr.) zur sofortigen
Bebauung mit Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.
Der Aachener Wohnungsmarkt ist insgesamt stark angespannt, es mangelt insbesondere an bezahlbarem
Wohnraum. Parallel zu den in diesem Papier diskutierten Herausforderungen sind daher die zusätzlichen
Bedarfe im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu berücksichtigen. Sowohl Neubauprojekte in
diesem Segment als auch die Sanierung im Bestand sind daher parallel weiter zu forcieren. Die geplanten
Sanierungsmaßnahmen für den städtischen Wohnungsbestand sind, soweit dies die jeweilige aktuelle Lage im
Bereich der Flüchtlingsunterbringung zulässt, innerhalb des geplanten Zeitrahmens durchzuführen und
schnellstmöglich dem Wohnungsmarkt wieder zur Verfügung zu stellen.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für die Unterbringung von Flüchtlingen folgende Optionen:

Option 1:

Stadt baut auf städtischen Grundstücken Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen
(selbst durch E 26 oder Vergabe an Dritte)

Vorteile:
-

Die Stadt kann bestimmen, was gebaut wird. Unmittelbarer Zugriff und wohnungspolitische
Steuerung sind möglich
Zusätzlicher Wohnraum wird geschaffen, auch als Ausgleich für bereits in Anspruch genommenen
Wohnraum. Wohnraumknappheit wird gemindert.
Es sind keine Mieten zu zahlen / es findet keine Gewinnabschöpfung durch Dritte statt.

Nachteile:
-

Die Stadt erzielt keinen Erlös aus einem eventuellen Grundstücksverkauf.
Die gesamte Investition muss durch den städtischen Haushalt investiv finanziert werden. (Mittel in
Höhe von 1 Mio. € sind bei FB 50 vorhanden)
Städtische Ressourcen (Mittel und Personal) werden gebunden.
Wenig Grundstücke verfügbar
Knowhow fehlt derzeit auf allen Seiten

Option 2:

Stadt verkauft städtische Grundstücke an gewoge oder private Investoren für
Unterkünfte für Flüchtlinge und wird Ankermieter

Vorteile:
-

Flexibilität im Hinblick auf Dauer der Anmietung (Grundmietdauer zuzüglich Optionsrecht)
ggfs. Zeitvorteile in der Umsetzung
Entwicklung schwieriger Grundstücke durch Private
Die Stadt vereinnahmt einen Kaufpreis für die Grundstücke.
Die Investition muss nicht sofort aus städtischen Mitteln finanziert werden, sondern über die
Mietzahlungen im festgelegen Zeitraum.
Das bei der Stadt fehlende Knowhow liefert der Investor.
Bei „geschickter“ vertraglicher Gestaltung kann eventuell auf eine europaweite Ausschreibung
verzichtet werden.
Über die drei Variablen - Grundstücksverkaufspreis, Miethöhe und Laufzeit - muss eine möglichst
günstige Regelung für die Stadt geschaffen werden.

Nachteile:
-

unmittelbarer Zugriff auf Wohnraum ist auf Dauer nicht gegeben
Der Investor wirkt als Eigentümer mit bei der Gestaltung des Bauvorhabens. Der unmittelbare
Zugriff der Stadt auf das Bauvorhaben ist nicht gegeben.
Der Investor will und muss auf jeden Fall eine Rendite erzielen, die sich der Miete widerspiegelt.

Die gewoge AG hat sich grundsätzlich bereit erklärt, bei dem Verfahren mitzuwirken. Der Wohnungs- und
Liegenschaftsausschuss hat die Verwaltung in seiner Sitzung am 19.05.2015 beauftragt, zunächst Gespräche
mit der gewoge AG zu führen. Die gewoge AG hat an allen vier o.a. Grundstücken Interesse geäußert,
allerdings eine Priorität für zwei Grundstücke (Kalverbenden, Burggrafenstr.) erklärt. Es ist vorgesehen,
baldmöglichst eine Einigung mit der gewoge AG über die Regelungen bezüglich der Grundstücke
herbeizuführen.

Option 3:

Stadt tritt in Gespräche ein mit privaten Investoren, damit diese auf eigenen
Grundstücken Wohnraum Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen und an die Stadt
(Ankermieter) vermieten

Vorteile:
-

Flexibilität im Hinblick auf Dauer der Anmietung

Nachteile: keine ersichtlich

Aus wohnungswirtschaftlicher Sicht ist darauf hinzuweisen, dass bei den Optionen 1. bis 3., für die keine
öffentlichen Fördermittel in Anspruch genommen werden, aus Kosten-/ Wirtschaftlichkeitsgründen gerade zum
Erhalt angemessen preiswerter Mieten die Bauqualität begrenzt sein wird. Dies kann bei Nachlassen der
Frequenz mit Flüchtlingshaushalten zu Problemen in der nachhaltigen Vermietbarkeit führen.

4.3

Fazit

Der Verwaltung ist es in den letzten Monaten gelungen, mit Hilfe der dargelegten Strategie und durch eine
enge Zusammenarbeit der städtischen Fachbereiche sowie der gewoge AG alle Möglichkeiten
auszuschöpfen, die in Aachen ankommenden Flüchtlinge schnell und unter Berücksichtigung der geltenden
Standards unterzubringen.
Eine Unterbringung in Containern oder Zelten, wie in anderen Kommunen bereits erfolgt, konnte bislang
glücklicherweise vermieden werden. Ziel muss es auch weiter sein, die ankommenden Menschen
angemessen unterzubringen und gut zu integrieren.
Die Verwaltung wird hierbei zukünftig verstärkt damit konfrontiert werden, einerseits kurzfristig
Unterbringungsplätze realisieren zu müssen, andererseits mittelfristig dafür Sorge zu tragen, dass weniger gut
geeigneter Wohnraum durch die mittelfristige Schaffung gut geeigneten (eigenen) Wohnraums ersetzt wird.
Bauaktivitäten sind daher, wie unter Kapitel 4.2, geschildert, so schnell wie möglich anzustoßen und teils
schon in Vorbereitung. Hierbei ist dafür Sorge zu tragen, dass der neue Wohnraum auch langfristig und
anderweitig durch verschiedene Zielgruppen genutzt werden kann.
Hierbei kommt der Zusammenarbeit mit der gewoge AG und/ oder privaten Investoren zur Schaffung von
Wohnraum besonderes Gewicht zu, da entsprechende zeitliche Vorläufe einzukalkulieren sind.
Um diesem Auftrag gerecht zu werden, ist es aus Sicht der Verwaltung unerlässlich, eine größtmögliche
Flexibilität in Bezug auf die Auswahl, Finanzierung und Umsetzung von Unterbringungsoptionen zu schaffen.