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Vorlage-Sammeldokument

                                    
                                        Der Oberbürgermeister

Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Soziales und Integration
Beteiligte Dienststelle/n:

Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:

FB 50/0050/WP17
öffentlich
26.02.2015

Beteiligung an der Kampagne des Landesintegrationsrates 'HIER,
wo ich lebe, will ich wählen'
Beratungsfolge:

TOP: - 21 -

Datum

Gremium

Kompetenz

11.03.2015

Rat

Entscheidung

Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Aachen beschließt folgende Resolution:
Der Rat der Stadt Aachen bittet die Verfassungskommission des Landtags bei ihren Beratungen das
Thema „Kommunales Wahlrecht für alle auf Dauer in NRW lebenden Migrantinnen und Migranten“
einzubeziehen und die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts bis zur Kommunalwahl 2020
für alle auf Dauer in NRW lebenden Migrantinnen und Migranten, die zum Zeitpunkt der Wahl seit
mindestens 5 Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland leben, zu unterstützen.

( Philipp )

Vorlage FB 50/0050/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.07.2016

Seite: 1/3

Erläuterungen:
Der Landtag NRW hat am 11.07.2013 eine Verfassungskommission eingesetzt. Diese hat sich am
19.11.2013 konstituiert und setzt sich aus 19 Abgeordneten aller im Landtag vertretenen Fraktionen
und einem nicht stimmberechtigten Vorsitzenden sowie fünf externen beratenden Mitgliedern
zusammen. Die Landesregierung sowie die kommunalen Spitzenverbände haben ebenfalls beratende
Funktion.
Ein Themenkomplex ist "Partizipation - Weiterentwicklung der Demokratie in NRW".
Dazu gehören die Partizipationsmöglichkeiten von EU-Bürgerinnen und -Bürgern auf Landesebene;
das umfasst auch die Diskussion über Partizipationsmöglichkeiten von Nicht-EU-Bürgerinnen und –
Bürgern.
In der Sitzung der Verfassungskommission am 01.09.2014 fand zu diesem Thema eine umfangreiche
Anhörung von Sachverständigen statt. In der Sitzung vom 29.09.2014 wurde ebenfalls zu diesem
Thema kontrovers diskutiert. Ein abschließendes Ergebnis, welchen Weg die Verfassungskommission einschlagen wird, liegt noch nicht vor.
Am 25. Oktober 2014 hat der Hauptausschuss des Landesintegrationsrates NRW beschlossen, die
Kampagne „HIER, wo ich lebe, will ich wählen!“ erneut auf den Weg zu bringen. Bereits in den Jahren
2007-2009 wurde die gleichnamige Kampagne zusammen mit weiteren Landesorganisationen mit
dem Ziel gestartet, die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Ausländerinnen und
Ausländer auf Bundesebene zu erreichen. Der Rat der Stadt Aachen hat am 21.11.2007 auf Antrag
des damaligen Migrationsrates eine Resolution zum kommunalen Wahlrecht für Migrantinnen und
Migranten beschlossen.
In seiner Sitzung am 03.12.2014 hat der Integrationsrat der Stadt Aachen die Unterstützung der
Kampagne des Landesintegrationsrates auf die Tagesordnung genommen. (Antrag des Herrn Özbay,
Anlage 1). Es wurde beschlossen, den Tagesordnungspunkt zurückzustellen und über diesen in der
Sitzung am 04.02.2015 neu zu beraten.
Die Verwaltung hat in der Sitzung am 04.02.2015 eine rechtliche Stellungnahme als Tischvorlage
vorgelegt (Anlage 2), aus der hervorgeht, dass eine Änderung allein auf landesrechtlicher Ebene
sowie die gewünschte Einflussnahme auf die Verfassungskommission des Landtags zwecks
Änderung der Landesverfassung nicht zielführend ist. Die Verwaltung hat dem Integrationsrat daher
geraten, den Beschluss entsprechend zu ändern.
Nach intensiver Diskussion in der Sitzung des Integrationsrates am 04.02.2015 hat dieser folgenden
Beschluss gefasst:
Der Integrationsrat empfiehlt dem Rat, folgendes zu beschließen:
Der Rat der Stadt Aachen bittet die Verfassungskommission des Landtags bei ihren Beratungen das
Thema „Kommunales Wahlrecht für alle auf Dauer in NRW lebenden Migrantinnen und Migranten“
einzubeziehen und dem Landtag einen Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung vorzulegen,
der es ermöglicht, bis zur Kommunalwahl 2020 allen auf Dauer in NRW lebenden Migrantinnen und
Vorlage FB 50/0050/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.07.2016

Seite: 2/3

Migranten, die zum Zeitpunkt der Wahl seit mindestens 5 Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik
Deutschland leben, das aktive und passive Wahlrecht einzuräumen.
Der Integrationsrat bittet den Oberbürgermeister bzw. das Präsidiumsmitglied des Städtetages, Herrn
Marcel Philipp, und die Mitglieder des Rates der Stadt Aachen, sich landesweit in allen relevanten
Gremien (z.B. kommunale Spitzenverbände) für die Einführung des kommunalen Wahlrechts
einzusetzen.
Der Beschlussvorschlag für den Rat wurde unter Berücksichtigung der rechtlichen Stellungnahme (s.
Anlage 2) angepasst.

Anlage/n:
Anlage 1: Antrag des Herrn Özbay
Anlage 2: Rechtliche Stellungnahme

Vorlage FB 50/0050/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.07.2016

Seite: 3/3

Tischvorlage zur Sitzung des Integrationsrates am 04.02.2015
zu TOP 3 – Beteiligung an der Kampagne des Landesintegrationsrates „Wo ich lebe, will ich
wählen“
Rechtliche Stellungnahme der Verwaltung:
Der von Herrn Özbay erneut eingebrachte Antrag
„Einsatz für die Einführung des Kommunalen Wahlrechts für alle auf Dauer in NRW lebenden Migrantinnen und
Migranten“
mit dem Beschlussvorschlag, dass der Integrationsrat den Rat bittet, sich beim Landtag und über die
kommunalen Spitzenverbände für eine entsprechende Änderung des kommunalen Wahlrechts zu verwenden, ist
als Resolution zu werten, da inhaltlich nicht von der Verbandskompetenz der Stadt gedeckt. Zwar muss den
Gemeinden nach Art. 28 GG das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im
Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln, allerdings nur insoweit als durch Gesetz nichts
anderes geregelt ist. Das Grundgesetz statuiert in Art 28 Abs. 1 GG, dass das Wahlrecht grundsätzlich auf allen
Ebenen nur dem deutschen Volk zusteht.
Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG, der im Rahmen der Ratifikation des Maastricht-Vertrages eingefügt wurde, regelt
ausschließlich das Kommunalwahlrecht für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen
Gemeinschaft (Art. 28 Abs. 1 S.3 GG iVm Art 20, 116 GG). Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG passte damit die
grundgesetzliche Verfassungsordnung dem bevorstehenden Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht (ABl. C
191/1 v. 29.07.1992) im Hinblick auf die gemeinschafts- bzw. unionsrechtlich verankerten Rechtspositionen der
Angehörigen der EU-Mitgliedstaaten an. In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung des Grundgesetzes vom 02.10.1992 (BT-Drucks. 12/3338, 1, 10f) wird zunächst der Inhalt des Art.
8b Abs. 1 EGV geschildert. Im Anschluss heißt es u.a.: »Die Vorschrift […] erweitert (gewährt) das aktive und
passive Kommunalwahlrecht in dem in Artikel 8 b Abs. 1 des EG-Vertrags in der Fassung des Unions-Vertrags
vorgesehenen Umfang auf Personen, die nicht Deutsche sind, aber die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates
der EG besitzen und ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Nach dem Beschlussvorschlag des Integrationsrates soll der Rat der Stadt Aachen sich verpflichten die
Verfassungskommission des Landes NRW zu bitten über die Erweiterung des Kommunalwahlrechts für Nicht-EU
Ausländer zu diskutieren und einen entsprechenden Vorschlag der Änderung der Landesverfassung vorzulegen.
Des Weiteren wird Herr Oberbürgermeister Philipp gebeten, sich landesweit für eine entsprechende Änderung
einzusetzen.
Die Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten für Ausländer außerhalb der EU auf Kommunalebene ist
derzeit aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig. Umstritten ist, inwieweit hier verfassungsrechtliche
Spielräume für eine Ausweitung des Wahlrechts bestehen. Es wird vertreten, dass Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG
insofern eine abschließende Regelung darstellt, mit dem allein für die kommunale Ebene dem Vorrang des EURechts verfassungstextlich Rechnung getragen worden sei und deshalb eine Ausweitung des
Kommunalwahlrechts auf Drittstaatsangehörige durch die Bundesländer untersage. Belegt werde dies damit,
dass der verfassungsändernde Gesetzgeber im Übrigen Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und S. 2 GG unverändert
gelassen habe. Entscheidend dafür sei in erster Linie das Homogenitätsprinzip, das in Art. 28 Abs.1 S. 2 GG die
Übereinstimmung der Demokratiekonzeption, des Volksbegriffs und der Wahlrechtsgrundsätze auf allen Ebenen
staatlicher Gewalt verlange.
Um eine antragsgegenständliche Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten für alle auf Dauer in NRW
lebenden Migrantinnen und Migranten verfassungsrechtlich zu ermöglichen, bedarf es wegen des vorstehend
beschriebenen beschränkten Regelungsgehalts des 1992 eingefügten S. 3 in Art 28 Abs. 2 GG einer erneuten
Grundgesetzänderung. Eine Änderung allein auf landesrechtlicher Ebene sowie die gewünschte Einflussnahme
auf die Verfassungskommission des Landtags zwecks Änderung der Landesverfassung sind nicht zielführend.