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Vorlage-Sammeldokument

                                    
                                        Der Oberbürgermeister

Vorlage

Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:

Federführende Dienststelle:
Fachbereich Verwaltungsleitung
Beteiligte Dienststelle/n:

FB 01/0015/WP17
öffentlich
13.08.2014
FB 01

Einspruch gem. § 39 Kommunalwahlgesetz NRW in Verbindung
mit § 3 Abs. 6 und § 35 Abs. 1 und 2 der Wahlordnung zur Bildung
des Integrationsrates der Stadt Aachen von Herrn Safi Özbay vom
28.05.2014 bzw. vom 17.06.2014
Beratungsfolge:

TOP: 5

Datum

Gremium

Kompetenz

28.08.2014
03.09.2014

WPA
Rat

Entscheidung
Entscheidung

Beschlussvorschlag:
Für den Wahlprüfungsausschuss:
In der Wahlprüfungssache betreffend den Wahleinspruch von Herrn Safi Özbay als Einspruchsführer
vom 28.05.2014 bzw. vom 17.06.2014, zugegangen per Email am 18.06.2014, gegen die Gültigkeit
der Integrationsratswahl der Stadt Aachen beschließt der Wahlprüfungsausschuss:
Der Wahleinspruch ist unzulässig und daher zurückzuweisen. Der Wahlprüfungsausschuss empfiehlt
dem Rat der Stadt, entsprechend zu beschließen.

Für den Rat der Stadt:
Der Rat der Stadt beschließt, der Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses zu folgen und den
Wahleinspruch zurückzuweisen.

Vorlage FB 01/0015/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 14.08.2014

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Erläuterungen:
I.

Sachverhalt

Mit seiner an Herrn Oberbürgermeister Philipp adressierten E-Mail vom 28.05.2014 (12:57), die als
Anlage 1 beigefügt ist, hat der Einspruchsführer die nach seiner Auffassung nicht ordnungsgemäß
durchgeführte Wahl zum Integrationsrat gerügt , Einspruch gegen das vorläufige Ergebnis der
Integrationswahl erhoben und eine zeitnahe Wiederholung der Wahlen gefordert. Seine Forderung zur
Wiederholung der Integrationsratswahlen begründet der Einspruchsführer mit Beobachtungen von
Wahlbewerbern, die ihm zugetragen wurden und die er in vier Punkten einzeln ausführt. Gegenstand
der Einspruchsbegründung war im Wesentlichen der späte Transport der Wahlumschläge zum
Wahlamt ( Ziffer 1), die Tatsache, dass am Wahlabend gegen 24 Uhr erst zwei von zehn
Schnellmeldungen vorlagen (Ziffer 2), die Unterbrechung der Zählung in der Nacht zum 26.05.2014
(Ziffer 3) und der Umgang mit den Wahlunterlagen bei Fortsetzung der Zählung am 26.05.2014 (Ziffer
4).
Der für die Integrationsratswahlen zuständige Wahlausschuss wurde in seiner Sitzung am 30.05.2014
durch die Wahlleiterin über die Verfahrensabläufe anlässlich der Stimmzählung, die trotz
Unterbrechung jedwede Manipulation des Wählerwillens ausschließen konnten,

informiert. Der

positive Beschluss des Wahlausschusses, mit dem das Ergebnis der Integrationsratswahl
entsprechend der Niederschrift beschlossen wurde, erfolgte einstimmig.
Herr Özbay erhielt auf seine E-Mail vom 28.05.2014 ein Antwortschreiben der Wahlleiterin, in dem
diese die vom Einspruchsführer befürchteten Manipulationsmöglichkeiten entkräftete. Zugleich wurde
der Einspruchsführer

darauf

Endergebnis

wie in § 39 Abs. 1 KWahlG NRW gefordert, gegen das öffentlich

nicht,

hingewiesen, dass sich sein Einspruch gegen das vorläufige

bekanntgemachte und festgestellte Wahlergebnis richtete. Da der mit E-Mail vom 28.05.2014
verfrühte Einspruch unzulässig wäre, wurde der Einspruchsführer gebeten mitzuteilen, ob er seinen
Einspruch auch in Bezug auf das am 05.06.2014 in der örtlichen Tagespresse öffentlich
bekanntgemachte Wahlergebnis aufrechterhalten wissen wolle. Dies hat der Einspruchsführer mit
seinem Einspruchschreiben vom 17.06.2014, zugegangen per E-Mail am 18.06.2014 (12:50),
bestätigt und unter Ziffer 5 die unterschiedlichen Angaben zur Wahlbeteiligung (26.05.2014, 18.00 Uhr
12,22 % und 28.05.2014mit 14 %) als weiteren Anhaltspunkt

für eine nicht ordnungsgemäße

Durchführung der Wahlen gewertet (Anlage 2).

Vorlage FB 01/0015/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 14.08.2014

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II.

Rechtliche Würdigung

1. Zulässigkeit des Wahleinspruchs bezogen auf Form und Fristen
Nach § 27 Abs. 11 GO NRW i.V.m. § 39 Abs.1 KWahlG NRW und § 35 Abs. 2 der Wahlordnung zur
Bildung des Integrationsrates der Stadt Aachen (Wahlordnung) ist ein Wahleinspruch innerhalb eines
Monats nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses bei der Wahlleiterin schriftlich einzureichen oder
mündlich zur Niederschrift zu erklären.
1.1 Frist
Das Wahlergebnis zur Wahl des Integrationsrates wurde am 05.06.2014 in den beiden Aachener
Tageszeitungen (AN und AZ) öffentlich bekannt gemacht. Der Einspruch des Einspruchsführers vom
17.06.2014, der Wahlleiterin per E-Mail zugegangen am 17.06.2014, erfolgte innerhalb der Monatsfrist
nach der Bekanntmachung und somit fristgerecht.
1.2 Schriftformerfordernis
In § 39 Abs. 1 KWahlG NRW ist die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben. Der Einspruch ist nicht
schriftlich im eigentlichen Sinne des Gesetzes eingelegt worden, da die Einspruchsschrift nicht als
Schriftstück im Original eingereicht wurde. Fraglich ist, ob die E-Mail vom 18.06.2014, die als Anhang
das mit eingescannter Unterschrift versehene Einspruchsschreiben vom 17.06.2014 enthält, dem
Schriftformerfordernis genügt.
Die öffentliche Bekanntmachung des Ergebnisses der Integrationswahl in den Tageszeitungen enthält
sowohl den Hinweis auf die Einspruchsfrist als auch den Hinweis darauf, dass der Einspruch bei der
Wahlleiterin schriftlich einzureichen oder mündlich zur Niederschrift zu erklären ist. Damit ist der
Einspruchsführer über das Formerfordernis des § 39 Abs. 1 KWahlG zutreffend informiert worden. Es
liegt in der Verantwortung des Einspruchsführers, die Einspruchsfrist durch rechtzeitige Vorlage bzw.
Einreichung eines formgerechten Schreibens zu wahren.
Sofern für Einreichungen die Schriftform oder die elektronische Form gesetzlich vorgeschrieben ist,
sind grundsätzlich die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach
§ 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16. Mai 2001 (BGBl. I S. 876) in der jeweils geltenden
Fassung zu versehen. Unabhängig davon, dass eine solche Zulassung im Bereich des KWahlG
(noch) nicht erfolgt ist, genügt der Einspruch des Herrn Özbay nicht dem Erfordernis des § 2 Nr. 3 des
Signaturgesetzes.
Abweichungen von der gesetzlichen Schriftform sind im KWahlG für die Einspruchseinlegung nicht
getroffen. Während

§ 29 Abs. 1 S. 2 KWahlO NRW für den Fall der Beschwerde gegen eine

Entscheidung des Wahlausschusses betreffend die Zulassung von Wahlvorschlägen ausdrücklich
bestimmt, dass die Schriftform auch u.a. durch E-Mail oder als sonstige dokumentierbare Übermittlung
als gewahrt gilt, verweist die Wahlordnung in § 63 Abs. 2 WahlO NRW lediglich auf den in der
Bekanntmachung aufzunehmenden Hinweis auf die Frist zur Erhebung von Einsprüchen gegen die
Wahl gemäß § 39 KWahlG NRW, ohne eine entsprechende Regelung hinsichtlich der Schriftform zu
treffen. Entsprechend dem Grundsatz Argumentum e Contrario legt dies den Schluss nahe, dass das
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Ausdruck vom: 14.08.2014

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Schriftformerfordernis in § 39 KWahlG NRW nicht durch die Versendung einer E-Mail als gewahrt
angesehen werden kann.
Andererseits ist der Einspruch mittels eingescannter Unterschrift des Erklärenden als vom
Einspruchsführer stammend zu erkennen. Der Bundesgerichtshof hat es in einem Beschluss vom
15.7.2008 (juris Rdz. 8 zur Wahrung der Berufungsbegründungsfrist vor

In-Kraft-Treten der

Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr -ERVVO VG/FG- am 01.01.2013)

für die

Einhaltung der Schriftform ausreichen lassen, wenn ein Abbild eines (in Papierform) tatsächlich
vorhandenen unterschriebenen Schriftstücks auf elektronischem Weg an den Empfänger übermittelt
und dort ausgedruckt wird. Auch wenn diese Entscheidung nicht unumstritten geblieben ist, bietet die
vorliegende E-Mail betreffend den Einspruch des Herrn Özbay eine hohe Garantie für die Echtheit von
Inhalt und Unterschrift. Die Einhaltung des Schriftformerfordernisses ließe sich mit der vorstehenden
BGH-Rechtsprechung bejahen.
Eine Entscheidung bezüglich der Frage, ob das Schriftformerfordernis vorliegend gewahrt wurde,
kann jedoch

dahingestellt bleiben, wenn die Zulässigkeit des Wahlausschusses auch noch aus

anderen Gründen nicht gegeben ist.
1.3 Einspruchsberechtigung
Der Einspruchsführer Herr Özbay ist als gewähltes Mitglied der Liste 2 -Aachen Türk Toplumuzugleich Wahlberechtigter im Sinne von § 27 Abs. 3 GO NRW und damit Einspruchsberechtigter nach
§ 39 Abs. 1 KWahlG NRW.

2. Zulässigkeit des Wahleinspruchs bezogen auf das Begründungserfordernis
Das Begründungserfordernis fordert für die Zulässigkeit von Einsprüchen gegen das Wahlergebnis,
dass sich dem tatsächlichen Vorbringen des Einspruchsführers die konkrete Möglichkeit eines für den
Ausgang der Wahl erheblichen Wahlfehlers hinreichend deutlich entnehmen lässt.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der Wahleinspruch zulässig.
Eine hinreichende Begründung eines Wahleinspruches liegt nur dann vor, wenn der Einspruchsführer
darlegt, welche konkreten Vorkommnisse bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl
beanstandet werden, die das Ergebnis beeinflusst haben könnten. Dabei muss der Einspruchsführer
den vermeintlichen Wahlfehler substantiiert geltend machen. Wahlbeanstandungen, die über nicht
belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung einer Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen
und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, dürfen als
unsubstantiiert zurückgewiesen werden (BVerfG, Beschl. v. 24.8.1993 - 2 BvR 1858/92 -, juris).

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Der Einspruchsführer begründet seinen Einspruch wie folgt:
Zu Ziffer 1:
„Die Stimmzettel der Integrationsratswahl wurden teilweise sehr spät abgeholt und zum Zählen zum
Wahlamt in die Peterstraße 17 gebracht. So wurde durch Zeugen beobachtet, wie beispielsweise die
Stimmzettel des Wahllokals in der Barbarastraße erst nach 21.00Uhr zum Wahlamt befördert worden.
Beobachtet wurde dies von Herrn Bülent Lortoglu. Mir ist bekannt, dass die Stimmen als letzte
ausgezählt werden sollten. Aber kann es damit begründet werden, die Wahlumschläge so spät zum
Zählen zum Wahlamt zu bringen?“
Soweit gerügt wird, dass die Stimmzettel teilweise erst sehr spät in den Stimmlokalen abgeholt
worden und zum Wahlamt in die Peterstraße verbracht worden seien, ist dieser Sachvortrag für sich
betrachtet hinreichend substantiiert. Fraglich ist jedoch, ob in dem für spät befundenen Transport der
Wahlunterlagen eine Unregelmäßigkeit im Wahlverfahren gesehen werden kann.
Eine Unregelmäßigkeit beim Wahlverfahren ist gegeben, wenn gegen Bestimmungen des
Kommunalwahlgesetzes oder der zur Ausführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung
oder gegen allgemeine Wahlgrundsätze verstoßen wird. Zum Wahlverfahren gehören der eigentliche
Wahlakt sowie die Entscheidungen und Maßnahmen der Wahlorgane und Wahlbehörden bei der
Erledigung ihrer Aufgaben der Vorbereitung, Überwachung, Durchführung und Auswertung der Wahl.
Zeitlich beschränkt ist allein die Wahlhandlung. Schluss der Wahlhandlung ist gemäß § 44 KWahlO
NRW, §§40,53 EuWO um 18:00 Uhr. Bei verbundenen Wahlen und solchen, die gleichzeitig mit der
Europawahl durchgeführt werden, können die Ergebnisse der einzelnen Wahlen nur

jeweils

gesondert ermittelt und festgestellt werden. Gemäß § 92 Abs. 1 KWahl O NRW ist das Ergebnis der
Europawahl vor den Ergebnissen der Kommunalwahlen zu ermitteln und festzustellen. Für die
kreisfreien Städte ist die Reihenfolge: Oberbürgermeisterwahl, Ratswahl, Wahl der Bezirksvertretung
und Wahl des Integrationsrates verbindlich einzuhalten. Entsprechendes gilt für die Wahlen des
Städteregionsrates und des Städteregionstages, die ebenfalls den Wahlen zum Integrationsrat
vorgehen. Aufgrund der vorgegebenen Reihenfolge darf mit den nachrangig auszuzählenden Wahlen
erst

begonnen

werden,

wenn

die

Wahlniederschrift

der

vorrangig

auszuzählenden

Wahl

abgeschlossen, d.h. die dazugehörigen Unterlagen verpackt und versiegelt worden sind (§ 49 Abs. 2
S. 3 KWahlO). Aufgrund der hohen Anzahl der durchzuführenden Wahlen hat die Ermittlung der
Wahlergebnisse nicht unerhebliche Zeit in Anspruch genommen.
Im Falle der Gefährdung der Geheimhaltung von Wahlentscheidungen kann eine von § 29 Abs.1
WahlG NRW abweichende Regelung getroffen werden, indem die Feststellung des Wahlergebnisses
mehrerer Stimmbezirke durch einen/ mehrere Zählvorstand/Zählvorstände erfolgt (§ 7 Abs. 5 S. 2
WahlO zur Bildung des Integrationsrats der Stadt Aachen).
Um zu verhindern, dass sich die Wahlentscheidung der einzelnen Wahlberechtigten zur
Integrationsratswahl aufgrund der geringeren Anzahl der aktiv Wahlberechtigten eines Stimmbezirks
ermitteln ließe, wurde aus Gründen der Wahrung des Wahlgeheimnisses die Auszählung der Stimmen
für die Wahl zum Integrationsrat durch hierfür eigens eingerichtete Zählvorstände zentral im Wahlamt
in der Peterstraße durchgeführt. Hierfür war es erforderlich, dass die Wählerverzeichnisse und die
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Stimmzettel für die Integrationsratswahlen nach deren farblicher Sortierung separiert und in einem
verschlossenen und versiegelten Briefumschlag zur Abholung bereitgehalten wurden. Bis zur
Abholung der versiegelten Umschläge befanden sich diese in der Obhut des jeweiligen
Wahlvorstandes bzw. in versiegelten

Umschlägen in den gleichfalls verschlossenen Urnen des

Wahllokals. Tatsächlich waren für die Abholung der Umschläge durch die Zählvorstände nicht so viele
Taxen verfügbar, wie vorbestellt waren. Hierdurch kam es zu zeitlichen Verzögerungen. Diese
Verzögerungen stellen jedoch keine Unregelmäßigkeit beim Wahlverfahren dar, da die zeitlich
verzögerte Abholung nicht mit Bestimmungen des Kommunalwahlgesetzes sowie der zur Ausführung
dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen kollidiert. Darüber hinaus hat der verzögerte
Transport der Wahlunterlagen zu den Zählvorständen auch keinerlei Auswirkung auf das
Wahlergebnis. Die versiegelten Umschläge befanden sich während des gesamten Zeitraums
ununterbrochen in

verschlossenen Urnen bzw. in der Obhut hierzu autorisierter Vorstände bzw.

Mitarbeiter des Wahlamtes.
Zu Ziffer 2:
„Gegen 24 Uhr waren in Aachen beinahe alle Stimmen der verschiedenen Wahlen gezählt. Die
Ergebnisse zur Integrationsratswahl waren zu der Zeit erst 2 von 10 Meldungen bekannt. Da die
Stimmen auf die Gefahr der Wahlgeheimnisverletzung aus unserer Sicht verständlicherweise in der
zentralen Zählstelle gezählt werden sollten, wurde extra Personal zur Zählung der Stimmzettel und
Stimmen zur Integrationsratswahl bestellt. Diese Personen müssen sehr wohl in der Lage gewesen
sein, einige 100 Stimmen rechtzeitig zählen zu können. Was hat man solange gemacht?“
Der Sachvortrag ist in Teilen unrichtig. Auch lässt er nicht erkennen, ob in der Tatsache, dass gegen
24 Uhr noch nicht alle Ergebnisse der Integrationsratswahl vorlagen, eine Unregelmäßigkeit beim
Wahlverfahren gesehen wird, die Einfluss auf das Wahlergebnis haben könnte.
Wahlberechtigt zur Integrationswahl waren in Aachen insgesamt 38.500 Personen. An der Wahl
teilgenommen haben 5434 Wähler und Wählerinnen, wobei auf die Urnenwahl 4686 abgegebene
Stimmen und auf die Briefwahl 748 Stimmen entfielen. So lagen um 24 Uhr auch lediglich die
Ergebnisse der zwei Briefwahlvorstände (Briefwahlvorstand 9040 und Briefwahlvorstand 9041) vor,
während von den insgesamt vier Zählvorständen, denen die Auszählung der insgesamt 4686
Urnenwähler oblag, bis 24 Uhr noch keine Ergebnisse vorlagen. Dies ist damit zu begründen, dass die
Zählung der Stimmen der Urnenwähler erst deutlich später beginnen konnte und die Anzahl der
Urnenwähler deutlich höher war.
Zu Ziffer 3:
„Am Montag, 26.05.2014 gingen gegen 01:00 Uhr Kandidaten aus 3 verschiedenen Listen der
Integrationsratswahl zum Wahlamt auf die 5. Etage, um sich zu erkundigen, warum die wenigen 100
Stimmzettel nicht gezählt werden konnten. Sie konnten ihren Augen nicht glauben: Im Flur sahen sie
auf dem Boden geöffnet Umschläge mit Stimmzetteln in ungeordnetem Zustand. Im Wahlamt trafen
sie einige junge unerfahrene für das zählen zuständige Personen an. Die Verantwortlichen haben
etwas später das zählen beendet und gingen erschöpft nach Hause. Dies wurde beobachtet von
Sensol Asik, Cengiz Ulug und Moren Newman.“

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Ausdruck vom: 14.08.2014

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Die Zählvorstände waren ordnungsgemäß besetzt und haben vor ihrem Einsatz eine Unterrichtung
und Unterweisung in die einzuhaltenden Abläufe des Wahlverfahrens erhalten. Der Vortrag, dass es
sich hierbei um unerfahrene Person gehandelt habe, ist eine Wertung und kein Sachvortrag und als
solcher nicht geeignet, Rückschlüsse

auf eine Unregelmäßigkeit des Wahlverfahrens schlüssig

darzulegen.
Das Vorbringen, dass im Zeitpunkt des Eintreffens der Beobachter zuvor versiegelte Umschläge
bereits geöffnet waren erklärt sich daraus, dass zu diesem Zeitpunkt die Auszählung schon begonnen
hatte. Die Öffnung der versiegelten Umschläge erfolgte grundsätzlich nach dem Vier-Augenprinzip.
Dies wurde auf Nachfrage von Herrn Sascha Beljanski, dem verantwortlichen Sachbearbeiter des
Wahlbereichs FB 01, ausdrücklich bestätigt. Ebenso wird ausgeschlossen, dass es sich bei den
angeblich

auf

dem

Flur

gesichteten

offenen

Umschlägen

Wahlunterlagen handelte. Nähere Angaben hierzu

mit

Stimmzetteln

um

aktuelle

(Beschriftung der Umschläge, Farbe der

vermeintlichen Stimmzettel), enthält der Vortrag nicht, so dass er als unsubstantiiert zurückgewiesen
werden kann.
Die vom Einspruchsführer zutreffend geschilderte Unterbrechung der Stimmenzählung ist eine
Unregelmäßigkeit, da das Wahlergebnis gemäß § 49 Abs. 1 KWahlO ohne Unterbrechung zu
ermitteln ist.
Wenn die Verletzung von Vorschriften beanstandet wird, die das Verfahren der Stimmenauszählung
und der Ermittlung des Wahlergebnisses regeln, kann die Erheblichkeit eines solchen Mangels für das
Wahlergebnis und die Verteilung der Sitze im allgemeinen nicht von vornherein ausgeschlossen
werden. Sinn und Zweck der die Stimmenauszählung betreffenden Vorschriften der Wahlgesetze ist
es, die zutreffende Ermittlung des Wahlergebnisses zu gewährleisten.
Dementsprechend haben die Wahlprüfungsorgane in solchen Fällen den mit dem Einspruch
vorgetragenen Sachverhalt durch geeignete Ermittlungen aufzuklären. Dabei ist die Aufklärung
entsprechend dem Sinn des Substantiierungsgebots zunächst auf die Prüfung zu beschränken, ob
sich die gerügten Verfahrensfehler bei der Auszählung der Stimmen ereignet haben. Ist dies der Fall,
so haben sich die Ermittlungen der Frage zuzuwenden, ob die festgestellten Mängel des
Zählverfahrens Auswirkungen auf das im konkreten Fall in Zweifel gezogene Wahlergebnis und
darüber hinaus auf die Zuteilung von Mandaten haben (BVerfG,

Beschl v. 12.12.1991 -. 2 BvR

562/91-, juris).
Der gerügte Verfahrensfehler der Unterbrechung lässt keinen Rückschluss auf eine inhaltlich
fehlerhafte Auszählung der Stimmen zu, so dass jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sich die
Unterbrechung der Zählhandlung auf die Zuteilung von Mandaten ausgewirkt haben könnte, fehlen.
Die Unterbrechung erfolgte zur Nachtzeit gegen 2:45 Uhr. Sie war notwendig geworden, da ein
weiteres Verbleiben des Zählvorstandes die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verletzt und
aufgrund der auch vom Einspruchsführer beschriebenen Erschöpfung des Zählvorstandes die
Genauigkeit und Sorgfalt bei der Ermittlung des Wahlergebnisses Vorrang vor einer schnelleren
Bekanntgabe des Ergebnisses haben musste. Während der Unterbrechung der Zählung war ein
Zugriff Dritter auf diese Unterlagen und damit auch eine Manipulation des Wählerwillens
ausgeschlossen. Das Vorbringen ist somit nicht geeignet, eine Mandatsrelevanz zu begründen.

Vorlage FB 01/0015/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 14.08.2014

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Zu Ziffer 4:
„Die Zählarbeit wurde am Montag um 11:30 Uhr wieder aufgenommen. Herr Asik, Herr Ulug und Frau
Kazak waren wieder als Beobachter im Wahlamt und sahen dort große mindestens zwei offene
Umschläge gefüllt mit (geschätzt hunderten) noch nicht gezählten Stimmen auf der Fensterbank
liegen, die offensichtlich in unversiegeltem Zustand aus Wahllokalen abgeholt wurden. Frau Kazak
dokumentierte dies fotografisch mit ihrem Handy. Weiterhin waren die anwesenden Wahlbeobachter
Zeuge, als das Zählpersonal etwa 30 Stimmen nicht zuordnen konnte, weil diese Stimmzettel
verglichen mit den Wählerverzeichnisvermerken über die Anzahl der abgegebene Stimmen zu viel
waren. Das wurde darauf von dem dortigen Personal protokolliert.“
Die Schlussfolgerung, dass zwei gesichtete offene Umschläge mit noch nicht gezählten Stimmen
offensichtlich unversiegelt aus Wahllokalen abgeholt worden seien, ist eine Mutmaßung, für die
Tatsachen nicht vorgetragen wurden, so dass diese Behauptung mangels hinreichender
Substantiierung ebenfalls zurückgewiesen werden muss. Da die Zählung – wie unter Ziffer 3 dargelegt
– in der Nacht zuvor unterbrochen und am Folgetag gegen 11:35 Uhr fortgesetzt wurde, wurden die
über Nacht im Amtszimmer des Bereichsleiters Herrn Riese verschlossenen Unterlagen in die fünfte
Etage verbracht, um mit der Zählung fortzufahren. Als die vom Einspruchsführer benannten
Beobachter gegen ca. 13:00 Uhr hinzutraten, war die Zählung bereits fortgesetzt worden, was
voraussetzt, dass hierzu zuvor versiegelte Umschläge zu öffnen waren. Sämtliche Wahlunterlagen
waren während der Ermittlung des Wahlergebnisses ununterbrochen in der Obhut des FB 01/Wahlen
und jederzeit vor Manipulationen geschützt.
Vergisst der Schriftführer im Verlauf der Wahlhandlung ein entsprechendes Kreuz als Zeichen der
Stimmabgabe im Wählerverzeichnis einzutragen, sind vermeintlich mehr

Stimmzettel als Wähler

vorhanden. Die Zählung ergab insoweit keine Auffälligkeiten. Die anhand der Wählerlisten und der
Stimmenzählung festgestellten Differenzen in den einzelnen Stimmbezirken lagen mit Abweichungen
von 0 bis zu 3 nicht angekreuzten Stimmabgabevermerken sämtlich im Bereich des Üblichen, was
anhand der Wahlniederschriften dokumentiert wurde. Zu berücksichtigen ist die Anzahl der in den vier
Zählbezirken (7005, 7006,7007 und 7008) gesichteten Wahlunterlagen aus mehreren Stimmbezirken.
So war der Zählbezirk 7005 für die Stimmbezirke 1001-2106, der Zählbezirk 7006 für die
Stimmbezirke 2107-3205, der Zählbezirk 7007 für die Stimmbezirke 3301-3705 und der Zählbezirk
7008 für die Stimmbezirke 3706-4808 zuständig. Dementsprechend wäre eine in der vom
Einspruchsführer genannten Größenordnung liegende Gesamtzahl der in den Wählerverzeichnissen
versehentlich nicht erfolgten Stimmabgaben nicht untypisch. Auch ist hierin keine Unregelmäßigkeit
im Sinne des § 40 Abs. 1

lit b) zu erkennen.

Vielmehr wird durch § 50

S. 4 KWahlO NRW

klargestellt, dass für diesen Fall die Zahl der in der Wahlurne enthaltenen Stimmzettel als Zahl der
Wähler gilt. Entsprechendes ist in der Wahlniederschrift zu vermerken. Aufgrund der Regelung des §
50 S. 4 KWahlO NRW können sich fehlende Stimmabgabevermerke nicht auf die Mandatsverteilung
auswirken.

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Ausdruck vom: 14.08.2014

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Zu Ziff. 5:
„Der Wahlausschuss tagte am Freitag, den 28. Mai 2014 stellte keinerlei Unregelmäßigkeiten fest.
Weiter hieß es, dass es auch keine Beanstandung oder Einspruch gegen das vorläufige Wahlergebnis
gegeben habe (Pressebericht vom 30. Mai 3014). Unser Einspruch dagegen lag nachweislich sehr
wohl dem Oberbürgermeister vor. (…).“
Unabhängig davon, dass die zur öffentlichen Sitzung des Wahlausschusses erschienenen
Listenvertreter, darunter auch die stellvertretende Vertrauensperson des Einspruchsführers, Herr
Sensol Asik, den zutreffenden Verlauf der Sitzung aus eigener Wahrnehmung bezeugen könnten und
es insoweit nicht ausreichend ist, sich auf einen Pressebericht zu beziehen, wurden die den
Beanstandungen zu Grunde liegenden Vorkommnisse, insbesondere u.a. die notwendig gewordener
Unterbrechung der Zählung sowie das Beförderungsproblem der Wahlunterlagen zum Wahlamt, dem
Ausschuss mitgeteilt. Eine unzutreffende oder unvollständige Unterrichtung des Wahlausschusses
über Besonderheiten im Zusammenhang mit der Integrationsratswahl durch die Wahlleiterin erfolgte
nicht. Vielmehr hat sich die Wahlleiterin in Vorbereitung auf die Sitzung des Wahlausschusses durch
den Fachbereich FB 01 eine Übersicht über Besonderheiten/ Beanstandungen im Zusammenhang
mit der Wahl zum Integrationsrat fertigen lassen, die als Anlage 1 dem Protokoll beigefügt wurde.
Zutreffend ist, dass der Wahlausschuss der Verwaltungsvorlage zur Feststellung des amtlichen
Wahlergebnisses seine Zustimmung erteilen konnte. Das Verfahren im Wahlausschuss wurde
ordnungsgemäß durchgeführt. Unregelmäßigkeiten sind hierin

nicht zu sehen und wurden vom

Einspruchsführer auch nicht hinreichend detailliert begründet.
Soweit der Einspruchsführer des Weiteren vorträgt, dass die Wahlbeteiligung am 26. Mai um 18.00
Uhr mit nachweislichen 12,22 % beziffert worden wäre und nach der Sitzung des Wahlausschusses
am 28. Mai 2014 auf über 14 % gestiegen sei, hat dies technische Gründe im Zusammenhang mit der
Nachmeldung der „verspätet“ ausgezählten Stimmen.

Die allein auf diesen Umstand basierende

Vermutung, „dass zahlreiche Stimmen tagelang irgendwo herum gelegen haben und im letzten
Moment aufgetaucht sind“, ist unzutreffend und ersetzt auch keine hinreichende Begründung für diese
Annahme. Jedenfalls hat der Einspruchsführer nicht substantiiert dargetan, dass es aufgrund der
unterschiedlichen Meldungen zur Wahlbeteiligung zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Vielmehr
äußert er allein die Befürchtung, dass solche Unregelmäßigkeiten hätten vorkommen können. Auf
derartige bloß allgemein gehaltene, vage Behauptungen vermögen die Zulässigkeit eines
Wahleinspruchs nicht zu begründen.
Abschließend

ist festzustellen, dass über die innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemachten

Einwendungen gegen die Gültigkeit der Wahl im Wahlprüfungsverfahren sachlich nur zu entscheiden
ist, soweit der Einspruchsführer den Sachverhalt, auf den er den geltend gemachten Wahlfehler stützt,
innerhalb der Einspruchsfrist so substantiiert dargelegt, dass sich anhand dessen feststellen lässt, ob
der Tatbestand des § 40 Abs. 1 lit b) KWahlG NRW gegeben ist.
Da eine Unregelmäßigkeit beim Wahlverfahren

gemäß dieser Vorschrift

nur dann zur

Ungültigerklärung der Wahl führt, wenn sie auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein kann,
sind die Einwendungen des Einspruchsführers hieran zu messen. Ein Einfluss auf das Wahlergebnis
ist anzunehmen, wenn aufgrund seines Einspruchsvorbringens nicht nur eine theoretische, sondern
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Ausdruck vom: 14.08.2014

Seite: 9/10

eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fern liegende Möglichkeit bestand, dass es
ohne die Unregelmäßigkeit zu einem anderen Wahlergebnis gekommen wäre. Diesen Anforderungen
wird das Vorbringen des Einspruchsführers nicht gerecht.
Sein Vorbringen unter Ziffer 1) enthält zwar eine konkrete Beschreibung nachprüfbarer Sachverhalte,
es beschreibt indes keine Unregelmäßigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 lit b) KWahlG.
Mit der Ziffer 2) bemängelt der Einspruchsführer die späte Feststellung des Wahlergebnisses und
lässt mit seiner abschließenden Frage „Was hat man solange gemacht?“ unausgesprochenen
Spekulationen und Mutmaßungen ihren Lauf, ohne Angabe der Tatsachen, aus denen sich ein
Wahlrechtsverstoß ergeben soll.
Das Vorbringen zu Ziffer 3) beschreibt insoweit eine Unregelmäßigkeit, als die Stimmenzählung in der
Nachtzeit unterbrochen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass diese Unterbrechung Auswirkungen auf die
Mandatsverteilung im Integrationsrat haben könnte, wurden nicht vorgetragen und sind, da die
Unterlagen ununterbrochen in der Obhut des Wahlamtes und vor dem Zugriff Dritter geschützt waren,
allenfalls eine sehr fernliegende Möglichkeit, die nicht geeignet ist, die Zulässigkeit eines hierauf
begründeten Einspruchs zu begründen.
Das Vorhandensein unverschlossener Umschläge während der Zählung stellt, wie unter Ziffer 4 vom
Einspruchsführer vermutet, keine Unregelmäßigkeit dar, da die Zählung notwendigerweise eine
Öffnung der Umschläge voraussetzt.
Es entspricht jedenfalls nicht der Lebenserfahrung, dass diese Beobachtung einen Rückschluss auf
einen Verstoß gegen § 55 Abs. 1 S. 1 KWahlO zuließe, wonach

die Wahlunterlagen

vom

Wahlvorstand versiegelt zu übergeben sind.
Soweit der Einspruchsführer unter Ziffer 5

inhaltlich

Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der

ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Wahlausschusses wegen unzureichender Informationen
äußert, sind diese zum einen nicht hinreichend begründet und zum anderen durch das
Sitzungsprotokoll zu widerlegen.
Demzufolge ist der Einspruch insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

Anlage/n:
Einspruch des Herrn Özbay vom 28.05.2014 bzw. vom 17.06.2014, zugegangen per Email am
18.06.2014

Vorlage FB 01/0015/WP17 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 14.08.2014

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