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                                        Die Oberbürgermeisterin

Vorlage

Vorlage-Nr:

E 49.5/0016/WP18

Federführende Dienststelle:
Kulturservice
Beteiligte Dienststelle/n:

Status:

öffentlich

Datum:
Verfasser/in:

13.10.2021
E 49/7

Sachstandsbericht Stadtarchiv E 49/7
Ziele:
Beratungsfolge:
Datum
09.11.2021

Gremium
Betriebsausschuss Kultur und Theater

Zuständigkeit
Kenntnisnahme

Beschlussvorschlag:
Der Betriebsausschuss Kultur und Theater nimmt die Ausführungen zum Sachstand Stadtarchiv
zustimmend zur Kenntnis.

Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

Seite: 1/7

Erläuterungen:
Sachstandsbericht für das Stadtarchiv Aachen.- Stellungnahme zum Aufbau eines Digitalen
Stadtarchivs und Sachstandsbericht über die zentralen Themen der Jahre 2015-2021
1. Aufbau eines Digitalen Stadtarchivs
Ausgangslage
Das Stadtarchiv hat die gesetzliche Aufgabe, die historische Überlieferung der Stadt Aachen auch in
der digitalen Welt sicherzustellen. Die hierfür benötigten Werkzeuge werden zurzeit mithilfe eines
Vollzeit beschäftigen IT-Projektmanagers über das Modellprojekt „Digitales Stadtarchiv“ im Rahmen
der Digitalen Modellregion Aachen (siehe https://www.aachen.de/de/stadt_buerger/DigitaleModellregion/egov-projekte/Digitales-Stadtarchiv.html) eingeführt und eine Schnittstelle zum gerade
ebenfalls in der Einführung befindlichen städtischen Dokumentenmanagementsystem (DMS)
entwickelt.
Ziel
Nach Abschluss des Modellprojektes müssen die aufgebauten Strukturen sowohl infrastrukturell als
auch personell in den Dauerbetrieb des Stadtarchivs überführt werden, da es sich bei der
elektronischen Langzeitarchivierung um eine neue gesetzliche Daueraufgabe handelt. Hierfür benötigt
das Stadtarchiv zusätzliches Personal: einen IT-Projektmanager – das Stadtarchiv würde die Arbeit
mit dem IT-Manager von FB 11 gerne fortsetzen - und eine*n Facharchivar*in. Dies deshalb, weil das
Archiv die Arbeit mit Papierunterlagen nach der Umstellung auf das Digitale nicht wie die digitalisierten
Verwaltungsdienststellen zeitnah beenden kann, sondern erst in ca. 30 Jahren: Erst dann ist damit zu
rechnen, dass keine Papierunterlagen aus der Verwaltung mehr ins Archiv kommen. Die neue
Aufgabe der elektronischen Langzeitarchivierung, die mit ihr verbundenen archivisch-fachlichen
Fragen und die Entwicklung zahlreicher weiterer digitaler Schnittstellen für die städtischen
Fachverfahren mithilfe eines IT-Projektmanagers sind im Personaltableau des Stadtarchivs bislang
nicht hinterlegt, zumal die Ressourcen des Stadtarchivs ohnehin sehr stark belastet sind (siehe
Anlage 1 mit Personalressourcenberechnung!).
Auch müssen die Lizenzgebühren für das vom Stadtarchiv verwendete Elektronische Langzeitarchiv
DiPS.kommunal, die vom Digitalen Archiv NRW (https://www.danrw.de/) an die Hand gegebene
technische Lösung, sowie der zunehmende Speicherplatzbedarf finanziert werden. Die
DiPS.kommunal-Lizez kostet brutto 31.844,40 €/a inkl. 1 Terrabyte Speicherplatz, für weiteren
Speicherplatz kommen jährlich 2.856 € pro 0,5 TB hinzu.
Erläuterungen: Digitalisierung der Stadtverwaltung und der Archivierung
Aufbau einer Wertschöpfungskette durch die Modellregion
Die Stadt Aachen hat sich auf den Weg gemacht, über die Projekte der Digitalen Modellregion eine
digitale Wertschöpfungskette aufzubauen. Das beginnt beim elektronischen Posteingang, geht über
das im sog. Multiprojekt des FB 11 eingeführte DMS (Pilotbereiche: Dez. V, FB 11, FB 36) – das
Stadtarchiv ist hier als Teil der Projektgruppe involviert – bis hin zum Modellprojekt Digitales
Stadtarchiv. Nach Abschluss der Projekte verfügt die Stadt Aachen über eine digitale
Sachbearbeitung vom Posteingang bis hin zur elektronischen Langzeitarchivierung.

Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

Seite: 2/7

Aufgaben des Stadtarchivs im Digitalisierungsprozess
Damit ist aber erst der Anfang für zwei Fachbereiche und einen Dezernatsstab gemacht. Nach dem
Ende der Modellprojekte müssen alle städtischen Stellen auf die Arbeit mit dem DMS umgestellt
werden. Das, was jetzt im Modellprojekt erprobt worden ist, wird in den nächsten Jahren – auch mit
den Kräften des Stadtarchivs – stadtweit umgesetzt werden. Dienststelle für Dienststelle,
Fachaufgabe für Fachaufgabe wird analysiert werden, wie Akten geführt werden, welcher Aktenplan
benötigt wird und in welchen Systemen Daten vorgehalten werden, die ggf. in das Elektronische
Langzeitarchiv überführt werden müssen. Die Sicherstellung auch der elektronischen
Langzeitarchivierung ist eine gesetzliche Aufgabe gem. Archivgesetz NRW, aber auch die städtische
Aktenordnung sieht diese Aufgabe für das Stadtarchiv vor.
Um eine Vorstellung von den bereits bewältigten, aber auch von den noch anstehenden Aufwänden
zu erhalten, sei angemerkt, dass allein im FB 11 ca. 250 Fachaufgaben festgestellt wurden. Es
handelt sich folglich bei der Umsetzung der Digitalisierung innerhalb einer Verwaltung um
arbeitsintensive Prozesse, die aber zwingend notwendig sind, um nach ihrem Abschluss von den mit
der digitalen Arbeitsweise verbundenen Vereinfachungen zu profitieren. Die hier vom Stadtarchiv
angemeldeten Bedarfe sind Folgekosten des Transformationsprozesses; diese Aufwände werden
benötigt, um zu einem späteren Zeitpunkt von den Vereinfachungen, die die Digitalisierung mit sich
bringt, zu profitieren.
Dazu gehört auch die archivarische Bewertung der 150-200 Fachverfahren, die bei der Stadt Aachen
eingesetzt werden wie z. B. ALLRIS. All diese Fachverfahren haben keine Schnittstelle zur
Datenübertragung in das elektronische Langzeitarchiv. Bei der Einführung des DMS prüft das
Stadtarchiv neben den analog und in Dateiablagen geführten Akten in jeder Dienststelle, welche
Fachverfahren es dort gibt, analysiert diese und muss dort, wo es archivwürdige Daten gibt, mit
Herstellern und IT-Dienstleistern mittels eines jeweils eigenen mal größeren, mal kleineren IT-Projekts
eine Schnittstelle in das Langzeitarchiv entwickeln.
Parallel ist es das strategische Ziel des Stadtarchivs – und dafür benötigt das Stadtarchiv neben
einem IT-Projektmanager auch eine*n zusätzliche*n Facharchivar*in – in allen Dienststellen eine
Bewertung aller Altakten (analog/elektronisch) und eine schnelle Bereitstellung des elektronischen
Archivguts für die Öffentlichkeit vorzunehmen, um in den Dienststellen sowohl eine räumliche
Entlastung als auch eine Entlastung bei der Datenhaltung zu schaffen. Mittelbar wird hierdurch der
Platzbedarf des Stadtarchivs steigen, aber in den Dienststellen kann frei gewordener Raum anders
genutzt werden.
Das Team aus Archivar*in und IT-Projektmanager wird benötigt, weil der IT-Projektmanager keine
fachliche Kompetenz im Hinblick auf die archivischen Fachaufgaben, ein*e Archivar*in keine fachliche
Kompetenz für IT-Projektmanagement hat. Ein zweiköpfiges, festes und beständiges Team kann
gemeinsam das Knowhow bereitstellen, um auch in der digitalen Welt die historische Überlieferung für
die Stadt Aachen sicherzustellen (siehe hierzu auch die Stellungnahme des LVR in Anlage 2!). Ohne
eine solche Lösung droht der Stadt eine massive Überlieferungslücke, was zur Folge hätte, dass das
Stadtarchiv seinen gesetzlichen Auftrag nicht mehr erfüllen könnte!
Zentral ist: Das Stadtarchiv muss das, was es bisher in der Papierwelt leistet, nun auch für die digitale
Welt aufbauen, ohne die Papierwelt aufgeben zu können.
Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

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Zum Vergleich: andere Kommunen
Das Stadtarchiv Münster hat einen Archiventwicklungsplan aufgestellt, in dem eine
Personalressourcenberechnung ergeben hat, dass durch den Aufbau eines elektronischen
Langzeitarchivs allein im archivischen Bereich für die Betreuung der städtischen Dienststellen ein
zusätzlicher Bedarf von einer Stelle für eine*n Facharchivar*in entsteht.
Andere Kommunen haben für diese neuen Aufgabenfelder bereits zusätzliche Stellen in ihren
Archiven eingerichtet. So hat die Stadt Köln in ihrem Historischen Archiv lt. dortiger Auskunft in ihrem
Bereich „Elektronische Unterlagen“ zusammengenommen 2,5 Archivar*innen-Stellen eingerichtet.
Dazu kommen weitere 4 Stellen im Bereich des dortigen Amtes für Informationsverarbeitung, wobei
ein Teil dieser Ressourcen auf die Rolle der Stadt Köln als Servicegeber für DiPS.kommunal entfällt.
Die Zahlen verdeutlichen aber das hohe Arbeitsaufkommen in diesem neu aufzubauenden Bereich.
Das Stadtarchiv Düsseldorf verfügt über einen eigenen IT-Koordinator, zusätzlich wurde bei der
Einführung des elektronischen Langzeitarchivs eine volle zusätzliche Archivar*innen-Stelle
eingerichtet. Laut Auskunft der dortigen Archivdirektion wird der Ressourcenbedarf aber mit der
zunehmenden Einführung der Elektronischen Akte in immer mehr Fachbereichen so wachsen, dass
mit der Einrichtung weiterer zusätzlicher Planstellen für Facharchivar*innen gerechnet wird.
2. Neustrukturierung und Abgrenzung der Archivbestände
Der Umzug des Stadtarchivs hat erstmals seit Jahrzehnten überhaupt erst eine systematische
Zusammenlegung und z. T. auch Abgrenzung von zuvor auf mehrere Standorte verteilten
Archivbeständen ermöglicht. Diese archivische Bestandsbildung hat überhaupt erst die
Voraussetzungen geschaffen, um viele der Archivbestände so aufzubereiten, dass sie mit ihren
Erschließungsinformationen in die Archiverschließungssoftware des Stadtarchivs eingebunden
werden können.
Hierzu wurden und werden aufwändige und intensive Arbeiten geleistet, oft flankiert von
konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen, um Altfindmittel datenbankfähig zu machen;
zugleich muss jeder Archivbestand revidiert, d. h. Akte für Akte überprüft, und neu signiert werden,
sodass jedes Archivale eine eindeutige Kennzeichnung erhält. All dies war und ist eine
Grundvoraussetzung zur Onlinestellung der Erschließungsinformationen.
3. Onlinestellung der Archiverschließungssoftware FAUST
Bereitstellung der vorliegenden Erschließungsinformationen über das städtische Archivgut im Internet:
Hier gab es hohe Aufwände, da im Prinzip alle Archivbestände (12 laufende Kilometer Archivgut)
revidiert und neu signiert werden müssen.
Ein erstes Teilprojekt steht kurz vor dem Abschluss, Informationen über viele Bestände werden dann
frei zugänglich sein.

4. Digitalisierung zentraler Archivbestände
Mit WissensWandel-Fördermitteln konnten mehr als 1.000 mittelalterliche Urkunden, die
reichsstädtischen Rats- und Beamtenprotokolle, die Protokolle der Munizipalität in Französischer Zeit
Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

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(insg. mehr als 30.000 Scans) sowie mehr als 6.000 Fotos digitalisiert werden. Dazu treten bereits
digitalisierte Fotobestände, ca. 23.000 Totenzettel und mehr als 4.000 Todesanzeigen.
5. Vorbereitung eines Projekts zur Digitalisierung der städtischen Standesamtsregister
Eine Vereinbarung mit einem externen Digitalisierungs-Partner liegt zur Prüfung beim Rechtsamt und
beim städtischen Datenschutzbeauftragten; Ziel ist der freie Zugang zu den
Standesamtsregisterurkunden mind. im Lesesaal.
Auch hier fallen besondere Aufwände an: Für jede der knapp 1,5 Mio. Urkunden muss ein Eintrag in
der Archiverschließungssoftware erstellt werden und nach einem eigens entwickelten Prüfraster muss
eine Sichtprüfung eines bestimmten Anteils der Standesamtsregisterurkunden erfolgen, um den
Personendatenschutz sicherzustellen.
6. Geförderte Projekte zur Restaurierung von Archivbeständen
In den vergangenen sieben Jahren konnten zahlreiche Förderprojekte eingeworben werden, mit
denen wichtige Archivbestände restauriert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden
konnten. Von 2015 bis heute konnten insg. 715.000 Euro an Fördermittel eingeworben werden, davon
allein 570.445 Euro für das Modellprojekt „Digitales Stadtarchiv“ (siehe unten Punkt 9!).
Akten aus preußischer Zeit (Oberbürgermeisterregistratur, Armenverwaltung, Stadtausschuss,
Elektrizitäts- und Wasserwerke etc.), der einzigartige, großformatige sog. Copso-Plan von 1777,
Theaterplakate und -zettel des privaten Bernarts-Theaters etc. konnten mit Bundesmitteln der
Koordinierungsstelle zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) und Landesmitteln (GFG-Mittel
des LVR; Mittel der Landesinitiative für Substanzerhalt (LISE)), z. T. in Modellprojekten, entschimmelt,
gereinigt bzw. restauriert werden. Auch für das nächste Jahr ist ein großer Förderantrag zur Reinigung
und Restaurierung der Akten des städtischen Hochbauamtes in preußischer Zeit geplant.
7. Gründung eines Notfallverbunds der Archive in der StädteRegion
Das Stadtarchiv ist federführend an der Bildung eines Notfallverbunds der Archive in der
StädteRegion beteiligt. Der Entwurf eines Vereinbarungstextes wird gerade von den Rechtsämtern der
beteiligten Institutionen geprüft.
8. Öffentlichkeitsarbeit
Mit dem Archivale des Monats hat das Stadtarchiv erfolgreich eine Reihe etabliert, die historische
Themen und das Archivgut für breite Teile der Stadtgesellschaft sichtbarer macht. Die Reihe wird
regelmäßig in den Tages- und Wochenzeitungen sowie über die stätischen Sozialen Medien
verbreitet.
Darüber hinaus fanden verschiedene Kolloquien und Tagungen im Stadtarchiv statt, z. B zum
Wiederaufbau nach 1944 im Jahr 2015 gemeinsam mit dem Staatsarchiv in Eupen und der Universität
Lüttich, dazu kamen verschiedene öffentlichkeitswirksame Aktionen rund um das 1000-jährige
Jubiläum der ältesten Urkunde im Stadtarchiv, das in Kooperation mit dem Centre Charlemagne
begangen wurde.

Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

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Die letzten drei stets bundesweit ausgerichteten Tage der Archive hat das Stadtarchiv für die
archivischen Einrichtungen in der StädteRegion ausgerichtet; bei jeder der Veranstaltungen fanden
mehr als 100 Besucher*innen den Weg ins Haus.
In zahlreichen Führungen wurde das neue Archivgebäude seit 2013 der Öffentlichkeit vorgestellt, viele
Hundert Individualbesucher und dutzende Gruppen haben das Haus besichtigt.
Im Jahr 2019 fand der die zweitägige Deutsche Archivpädagog*innenkonferenz im Stadtarchiv statt.
Auch beteiligt sich das Stadtarchiv regelmäßig an den Internationalen Wochen gegen Rassismus.
Mit allen öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen des Stadtarchivs und seiner Mitarbeitenden konnten
zwischen 2013 und 2019 jährlich zwischen 600 und 1.600 Personen erreicht werden.
9. Archivpädagogik
Das Stadtarchiv verfügt über ein sehr erfolgreiches archivpädagogisches Programm, aufgebaut und
betreut durch Frau Tiedeken. Vor der Corona-Pandemie hat im Schnitt eine Schulklasse pro Woche
das Stadtarchiv besucht. Auch verfügt das Stadtarchiv über verschiedene Bildungspartnerschaften
(Luise-Hensel-Realschule; Amos-Comenius-Schule; in Vorbereitung: 4. Aachener Gesamtschule), die
eine regelmäßige Zusammenarbeit festlegen. Seit diesem Jahr hat die Archivmaus Lulu das
archivpädagogische Angebot auf den Vorschul- und Primarbereich erweitert.
10. Nutzung des Stadtarchivs
Seit dem Umzug und nur unterbrochen durch die Pandemie sind die Nutzungszahlen des Stadtarchivs
stetig gewachsen: von 725 Lesesaalbesuchern im Jahr 2015 auf 891 im Jahr 2019 (Anstieg = 18%).
Auch die Anzahl der schriftlichen Anfragen wächst stetig: von 1.230 im Jahr 2015 bis auf 1.388 im
Jahr 2020 (=11,4%).
Dazu kommen über 1.500 telefonische Beratungen im Jahr (Stand: 2020).
11. Das Stadtarchiv als Institut für Stadtgeschichte: Wissenschaftliche Projekte
o Förderantrag „Arisierungen durch die Stadt Aachen“; gemeinsam mit dem RWTH-Lehrstuhl für
Geschichte der Neuzeit (19.-21. Jh.) mit ihren Wissens- und Technikkulturen (Frau Prof. Seefried)
Beim LVR wurden Anfang des Jahres GFG-Mittel beantragt, um in einem dreijährigen
Dissertationsprojekt die sog. Arisierungen durch die Stadt Aachen untersuchen zu lassen. Der Antrag
wurde noch nicht beschieden. Grundlage hierfür war ein Ratsantrag.
o

Quellenedition „Aus den Quellen des Stadtarchivs“

Die Buchreihe stellt interessante Archivbestände mit wissenschaftlichen Einleitungen vor. Archivalien
zu einem Thema werden abgebildet und thematisch eingeordnet und so die große Bandbreite der
Archivbestände sichtbar gemacht. Drei der bald fünf Bände waren Kooperationsprojekte: neben der
Kooperation mit einem Privatmann erschien der letzte Band gemeinsam mit dem Staatsarchiv in
Eupen (Thema: Grenzziehung 1920), der aktuelle Band zum Kaufhaus Tietz erscheint in Kooperation
mit der TH Köln.

Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

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o

Zusammenarbeit mit den städtischen Museen

Das Stadtarchiv stellt seine Archivalien der Route Charlemagne, aber auch anderen städtischen
Einrichtungen wie Suermondt-Ludwig-Museum oder Theater für Ausstellungen zur Verfügung und
berät bei den anfallenden Recherchearbeiten.
o

Mitarbeit an der Aachener Stadtgeschichte

Das Stadtarchiv gibt zusammen mit dem Centre Charlemagne die mehrbändige Stadtgeschichte
heraus. Im nächsten Jahr wird Band 6 zum Zeitraum 1814 bis 1918 erscheinen.

Anlage/n:
Berechnung Personalbedarf (elektronisch beigefügt)
Stellungnahme LvR (elektronisch beigefügt)

Vorlage E 49.5/0016/WP18 der Stadt Aachen

Ausdruck vom: 21.10.2021

Seite: 7/7

Laufende Aktenzugänge pro Jahr
Annahme: Große Abgabemengen in den nächsten Jahren wg. Rückstau, im Durchschnitt pro Jahr bis 2035,
Sonderformate inkludiert: 200 lfm (Annäherungswert).

Erläuterung: 5.000 Mitarbeiter der Stadtverwaltung produzieren im Schnitt 0,3 lfm. Akten pro Jahr. Das ergibt eine Schriftgutproduktion von 1.500 lfm. Akten pro Jahr. Circa
10% hiervon sind archivwürdig, das wären 150 lfm. Akten pro Jahr. Dazu kommt der Abgaberückstau seit Kriegsende.
200 lfm. Akten als jährlicher Zuwachs sind also noch vorsichtig kalkuliert. Die Kennzahlen* stammen von steria mummert consulting.
Umfang in Regalmetern

Anzahl
Verzeichnungseinheiten (VE)

Erschließungsaufwand
(VE x Zeit in Minuten, gemittelter Wert Sachakten/Serienakten)

Vereinfacht kalkuliert als
gemittelter Wert
Sachakten/Serienakten

200 lfm. = 9.600 VE*

9.600 VE x 24,5 Min.* = 235.200 Min.

Wenn die bereits beim Stadtarchiv beschäftigten fünf Archivare 35% ihrer Arbeitszeit (s. APB) zur Bearbeitung der
Neuzugänge einsetzen würden, sähe die Bilanz wie folgt aus:
98.300 Min.* x 5 x 0,35 = 172.025 Min.
Die Werte zeigen eine Differenz von 63.175 Minuten auf.
Fazit:
Es fehlen dem Stadtarchiv also bereits jetzt 0,6 Stellen um allein die laufenden Zugänge von Archivgut zu bearbeiten.

* Details hierzu sind dem Tabellenblatt "Berechnungsgrundlagen" zu entnehmen

Personalbedarf im Stadtarchiv (E 49/7).
Zur Erläuterung: Ca. 50% der Bestände sind weder nach heute vertretbaren fachlichen Standards erschlossen noch verpackt.
Das Ziel ist die Behebung dieses Misstands in 25 Jahren.
(Hier nicht benannt: zusätzliche Bedarfe in der Restaurierungswerkstatt)
Archivalienart
Urkunden (bis 1798)
Akten bis 1815 (einschl.
Französische Zeit)
Sachakten 19./20. Jh.
Karten, Pläne, Plakate
Fotos, Negative, Dias
Gesamt:

Anzahl bzw. laufende Meter
(lfm.; Circa-Angaben)
20.000 Stücke = VE
1.100 lfm. = 17.600 VE*

unverzeichnet (in Verzeichnungs-einheiten; VE)

7.000 lfm. = 231.000 VE*
20.000 Stücke = VE
110.000 Stücke = VE
398.600 VE

Erschließungsaufwand (VE x Zeit in Min.)

2.000
12.320

240.000*
1.108.800*

112.000
10.000
55.000
191.320

3.696.000*
220.000*
1.210.000*
6.474.800 Min.

Berechnung des Stellenbedarfs zur Zielerreichung in 25 Jahren
Ansatz:
70% der Arbeitszeit werden für die Erschließung der Rückstände erbracht.
6.474.800 Min. / (98.300 Jahresarbeitsminuten * 70%) = 94,1 Personenarbeitsjahre
Erschließungsrückstand.
Fazit:
Zur Erschließung der Rückstände ergibt sich ein Personalmehrbedarf von ca. 3,75 Archivarstellen.

* Details hierzu sind dem Tabellenblatt "Berechnungsgrundlagen" zu entnehmen

Ergebnis der Berechnungen:
Die Berechnungen zeigen, dass dem Stadtarchiv
- 0,6 Planstellen zur Bewältigung der laufenden Aktenzugänge,
- 3,75 Planstellen zur Bearbeitung seiner Rückstände innerhalb von 25 Jahren
fehlen.
Darüber hinaus besteht zusätzlicher Personalbedarf bedingt durch die Übernahme neuer
Aufgaben i. V. m.
- der DMS-Einführung,
- der elektronischen Langzeitarchivierung,
- dem Aktenstrukturkataster.

Übernommen von steria mummert consulting
1 Regalmeter =
1 Karton =
1 Karton =
1 Karton =

8 Kartons
8 moderne Serienakten
4 Sachakten
2 Akten Frühe Neuzeit

Netto-Zeit für die Verzeichnung (VE/Min.)

Minuten

Karten, Fotos
Moderne Serienakten
Sachakten
Frühe Neuzeit
Urkunden, Handschriften
Arbeitszeit einer Normalarbeitskraft pro Jahr in Minuten
(KGSt.-Bericht 2/2003)

22
16
33
90
120

Abkürzungen
VE = Verzeichnungseinheit
lfm. = laufender Regalmeter

98.300

Anlage 2

Fachliche Stellungnahme zur Anfrage des Stadtarchivs Aachen für die Beantragung
neuer Planstellen für ein Team aus Archivar*in und IT-Projektmanager*in für die
elektronische Langzeitarchivierung in DiPS.kommunal
1. Digitalisierung der Schriftgutverwaltung und Notwendigkeit einer stärkeren
Vorfeldarbeit/ Professionalisierung des Records Management
Im Zuge der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung verlagert sich die Tätigkeit der
Kommunalarchive immer mehr in den Bereich der Schriftgutverwaltung und damit in das
archivische Vorfeld. Die Einführung der elektronischen Schriftgutverwaltung zwingt die
Archive zu proaktivem Handeln, da die digitalen Informationen aufgrund der Trennung von
Information und Informationsträger flüchtig sind. Um überhaupt archivfähige digitale
Unterlagen zu erhalten, sind die Archive – wie es auch § 3 Abs. 6 ArchG NRW vorsieht –
stärker als bislang an der Schriftgutverwaltung zu beteiligen und bei der Einführung von
eAkte und Fachverfahren unbedingt miteinzubeziehen.
Wesentliche Themen im Vorfeld sind hier v.a. die Strukturierung der elektronischen
Unterlagen durch Aktenpläne und die Verwendung archivfähiger Formate, durch die
aufwendige, mit potentiellen Datenverlusten einhergehende Konversionsprozesse bei der
späteren elektronischen Langzeitarchivierung vermieden werden. In vielen Kommunen sind
die Archive daher bereits intensiv an der weiterhin laufenden Einführung der eAkte sowie der
Entwicklung von Teilaktenplänen beteiligt. Dieses Engagement ist zwingend erforderlich,
weil das Archiv für alle im Einsatz befindlichen Dokumenten-Management-Systeme (DMS)
und Fachverfahren klären muss, ob diese archivwürdige Informationen enthalten. Sobald dies
der Fall ist, muss das Archiv darauf achten, dass die betroffenen Systeme über Schnittstellen
(i.d.R. XÖV-Standard für den IT-gestützten Austausch und die IT-gestützte Aussonderung
behördlichen Schriftguts) verfügen, die den Export in das digitale Archiv und andere
Fachverfahren ermöglichen. Ist eine entsprechende Schnittstelle nicht vorhanden, so kann die
Erarbeitung einer solchen sehr kostenintensiv sein. Es ist daher sinnvoll, das Archiv schon bei
der Auswahl und Implementierung von Fachverfahren zu beteiligen, um archivrelevante
Aspekte gleich bei der Einführung zu berücksichtigen. Nur so können Kosten für die
abgebenden Stellen niedrig gehalten werden; der steigende Betreuungs- und
Beratungsaufwand für das Archiv führt unter dem Strich zu einer Kostenersparnis der Stadt.
Dies gilt in besonderem Maße angesichts der Vielzahl von Fachverfahren, die in den meisten
Großstädten im Einsatz sind (Annett Fercho, Stefan Pätzold, Die Erfassung und Bewertung elektronischer
Fachverfahren der Stadt Bochum – Ein Werkstattbericht, in: Archivpflege in Westfalen-Lippe 81 (2014), S. 40-47, hier S. 43-

Eine Reduzierung und Abstimmung auf eine „führende“ elektronische Akte sowie wenige
gängige Fachverfahren ist eine Bedingung für die Erfüllung archivgesetzlicher, aber auch
sonstiger Vorschriften (v.a. Grundsatz der Aktenmäßigkeit, Datenschutzrecht). Zudem hilft
sie, die mit redundanter Speicherung zwangsläufig verbundenen erheblichen Mehrkosten
deutlich zu reduzieren. Das grundsätzliche Problem lässt sich mit exemplarischer Deutlichkeit
verdeutlichen: Von knapp 100 gelisteten Fachverfahren hatten im Oktober 2018 gerade
einmal sieben eine Anbindung zum DMS.
44.

Daher ist im Zuge des laufenden Digitalisierungsprozesses die Schaffung eines analogen und
digitalen Beratungsangebotes für die Führungskräfte sowie für die Mitarbeitenden der
städtischen Verwaltung unerlässlich. Dementsprechend müssen in Zukunft sehr viel häufiger
als bislang Workshops zu Themen der elektronischen Schriftgutverwaltung (z.B. Bedeutung
von Aktenplänen und archivfähigen Formaten) vom Stadtarchiv angeboten werden. Darüber
1

Anlage 2
hinaus sollte darüber nachgedacht werden, ein elektronisches Zwischenarchiv aufzubauen, das
vom Archiv in enger Abstimmung mit dem Beauftragtem für Digitalisierung, „chief digital
officer“ und Fachdienstleiter Digitalisierung sowie den einzelnen Fachdiensten verwaltet
wird. Derartige Zwischenarchive würden es erheblich erleichtern, künftig regelmäßig
Übernahmen in aufzubauende elektronische Langzeitarchive vorzunehmen.
Schließlich hat die Digitalisierung der Schriftgutverwaltung auch rechtliche Konsequenzen.
Die normativen Grundlagen der Schriftgutführung und elektronischen Archivierung sind –
nicht zuletzt mit Blick auf die EU-Datenschutzgrundverordnung –entsprechend anzupassen
bzw. neu zu erarbeiten, was ebenfalls personelle Kapazitäten bindet.
Zusätzliche Aufgaben für das Stadtarchiv:
 Unter Mitwirkung der zuständigen Stellen (z.B.
Datenschutzbeauftragte, IT, CDO) Erstellung und Verwaltung eines
Verzeichnisses aller Fileablagen, Fachverfahren, Datenbanken und
sonstigen Programme, die in der Verwaltung genutzt werden und in
denen potentiell archivwürdige Unterlagen entstehen; grundsätzliche
Entscheidung über Archivfähigkeit (z.B. Formate, Schnittstellen) und
Archivwürdigkeit/Relevanz; ständige Fortschreibung des
Verzeichnisses; ständige Aktualisierung und Überprüfung gefällter
Entscheidungen.
 Mitwirkung bei der Anschaffung von neuen Fachverfahren,
Dokumentenmanagementsystemen etc.; Zuständigkeit für die
Einhaltung von archivfachlichen Normen (z.B. xDOMEA-Schnittstelle)
sowie von Mindeststandards des Records Managements (z.B. DIN ISO
15489).
 Mitwirkung bei der Ablösung der analogen durch eine elektronische
Akte (u.a. Vermittlung von Grundsätzen der Schriftgutverwaltung,
Entwicklung/ Wiederbelebung von Aktenplänen); in diesem
Zusammenhang auch Mitwirkung bei Digitalisierungsvorhaben (vgl.
§10 E-GovG NRW).
 Zunehmende Bedeutung und Relevanz rechtlicher Fragestellungen (v.a.
Urheberecht, Datenschutz).
 Kommunikation mit dem Archivträger und Sensibilisierung für eine
archivfachgerechte digitale Langzeitarchivierung (z.B. „Warum
digitalisieren wir nicht alles?“, „Warum verursacht elektronische
Langzeitarchivierung hohe Kosten?“, „Warum nutzen wir nicht die
‚Archivfunktion‘ des Fachverfahrens/ Dokumentenmanagementsystems?“).

2. Aufbau der Langzeitarchivierung elektronischer Unterlagen
Abgesehen von Fragen des Records Management sind die Kommunalarchive künftig auch
verpflichtet, neben ihren Magazinräumen, in denen das analoge Archivgut unter
normgerechten Bedingungen verwahrt wird, ein sogenanntes digitales Magazin aufzubauen.
Das heißt, es muss eine technische Infrastruktur zur elektronischen Langzeitarchivierung
implementiert werden, in welche archivwürdige elektronische Unterlagen übernommen
werden können. Eine solche technische Infrastruktur wird den öffentlichen Archiven in NRW
2

Anlage 2
vom sogenannten „Digitalen Archiv NRW“ (DA NRW), einer gemeinsam von Land,
Dachverband kommunaler IT-Dienstleister (KDN) und Kommunen getragenen Einrichtung,
zur Verfügung gestellt. Das DA NRW bietet mit den Produkten DiPS.kommunal und DNS
zwei technische Lösungen an, die optimal auf die Bedürfnisse kommunaler Archive
abgestimmt sind. In naher Zukunft müssen die Archivträger daher dauerhaft ausreichende
Betriebsmittel, d.h. sowohl finanzielle Ressourcen als auch qualifiziertes archivarisches
Fachpersonal, für den Betrieb des digitalen Archivs bereitstellen.
Die elektronische Langzeitarchivierung umfasst dabei nicht nur die eigentliche Bewertung
und Übernahme von Daten in das digitale Langzeitarchiv. Auch hier fallen erhebliche
Aufwände im Vorfeld an. So müssen die vorhandenen, für das analoge Schriftgut
entwickelten Bewertungsmodelle auf die digitalen Daten angepasst und stets aktuell gehalten
werden. Außerdem gilt es, die digitalen Daten wenigstens teilweise für die digitale
Archivierung (Strukturierung und Konvertierung von Formaten z.B. bei Fileablagen)
vorzubereiten sowie Leistungskriterien für die Spezifikation von Schnittstellen zu erarbeiten,
die – wie oben ausgeführt – programmiert werden müssen, um überhaupt archivwürdige
Daten in das elektronische Langzeitarchiv übernehmen zu können.
Da vor dem Hintergrund der staatlichen eGovernment-Gesetzgebung auch die Kommunen
ihre Verwaltungsprozesse immer stärker digitalisieren werden, wird die Anzahl der für die
Informationsverarbeitung genutzten und damit prinzipiell archivwürdigen elektronischen
Systeme künftig noch deutlich zunehmen. Nach aktuellen Erhebungen werden in nordrheinwestfälischen Großstädten zurzeit jeweils etwa 160 bis 170 Fachverfahren in der Verwaltung
betrieben, von denen nach derzeitigen Erkenntnissen etwa 25 Prozent archivwürdige Daten
enthalten. Man kann daher von mehr als 40 Verfahren ausgehen, die von den Archiven
intensiv in den Blick genommen werden müssen. Wenn in der Aufstellung aus dem Jahr 2018
„nur“ knapp 100 Fachverfahren gelistet sind, so bedürfte diese Zahl einer nochmaligen
Überprüfung. Die Zählweise kann von Kommune zu Kommune divergieren: Die deutlich
kleinere Stadt Remscheid hat vor knapp einem Jahr eine doppelt so hohe Zahl ermittelt.
Insbesondere bei proprietären oder von der Stadtverwaltung selbst „hergestellten Verfahren
ist im Falle einer positiven Bewertung durch das Stadtarchiv teilweise mit erhöhten
finanziellen Aufwänden zu rechnen, weil nur sehr begrenzt auf nachnutzbare, im Rahmen von
Verbünden wie dem DA NRW erarbeitete Schnittstellen zurückgegriffen werden kann.
Neben der amtlichen digitalen Überlieferung fallen künftig auch digitale Daten in Nachlässen
sowie digitales Sammlungsgut an, welche die Archive hinsichtlich ihrer Strukturierung, des
benötigten Speicherplatzes wie auch der verwendeten Formate vor besondere
Herausforderungen stellen (z.B. digitale Fotos, Videos, Dateisammlungen). Insbesondere
digitales Sammlungsgut – wie z.B. Kopien der Webseiten städtischer Einrichtungen – ist aktiv
zu beschaffen. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass bislang weder für das analoge
noch für das digitale Sammlungsgut ein eigenes Dokumentationsprofil vorliegt, in dem die
Dokumentationsziele des Stadtarchivs formuliert werden. Vor allem mit Blick auf das
nichtamtliche digitale Archivgut ist ein solches Dokumentationsprofil künftig zu erarbeiten.

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Anlage 2
Zusätzliche Aufgaben für das Stadtarchiv:
 Implementierung eines elektronischen Langzeitarchivs, ggf. durch
Anschluss an eine bestehende Verbundlösung (z.B. DA NRW).
 Bewertung von elektronischen Unterlagen (Fileablagen, Fachverfahren,
Datenbanken etc.). Dies beinhaltet die Sichtung/Vorordnung und ggf.
Migration von umfangreichen Dateisammlungen inklusive Pre-Ingest
und Ingest in ein digitales Magazin, ferner die Mitwirkung bei der
Entwicklung von Schnittstellen (i.d.R. in Absprache mit Fachgremien
und IT-Dienstleistern). Hinzukommt die konkrete Frage nach der
Archivwürdigkeit der in elektronischen Systemen enthaltenen
Informationen. Diese Form der Bewertung von elektronischen
Unterlagen unterscheidet sich grundlegend von der oben beschriebenen
Entscheidung über die Archivwürdigkeit ganzer Fachverfahren, aber
auch von Instrumentarien und Methodik der Überlieferungsbildung im
analogen Zeitalter. So muss z.B. nicht nur über die Archivwürdigkeit
ganzer Akten und Vorgänge, sondern vermehrt auch über die
Archivwürdigkeit von einzelnen Datenbankfeldern o.ä. diskutiert und
befunden werden.
 Herstellung der Archivfähigkeit im Vorfeld der Übernahme (z.B.
Formatvalidierung, Migration in archivfähige Formate).
 In Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern und digitalen
Verbundarchiven Verantwortung für das sogenannte „preservation
planning“: Ständige Überwachung sowie ggf. (Wieder-)Herstellung der
dauerhaften Archivfähigkeit.
 Verantwortung für die Einhaltung archivfachlicher Standards,
Zuverlässigkeit der Kooperationspartner.
 Vertretung in Arbeitskreisen und Fachgremien.

3. Interkommunaler Vergleich
Aus den angeführten Gründen ist ersichtlich, warum die elektronische Langzeitarchivierung
keine Aufgabe ist, die ausschließlich den Kolleg*innen der örtlichen IT-Abteilungen,
Stabsstellen und Rechenzentren übertragen werden kann.1 CDO und IT können das Archiv bei
der elektronischen Langzeitarchivierung lediglich unterstützen, nicht aber ersetzen. Der KDN
schätzt den zusätzlichen Personalbedarf für die elektronische Langzeitarchivierung je nach
Größe der einzelnen Kommunen und ihrer Archive auf ca. 0,3 bis 2 VZÄ. Im Stadtarchiv
Duisburg wurde ein VZÄ für einen Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste –
Fachrichtung Archiv geschaffen. Dies ist gemessen an der Zahl von knapp 485.000
Einwohner eine sehr zurückhaltende Schätzung. Gleiches gilt für den Kreis Wesel, der eine
Fachkraft des gehobenen Dienstes mit 50 Prozent der regulären Arbeitszeit eingestellt hat, um
die zusätzlichen Bedarfe abzudecken. In der Stadt Essen (583.00 Ew.) hat man hingegen im
Archiv drei zusätzliche Stellen für Fragen der digitalen Archivierung und
Schriftgutverwaltung geschaffen.
Ein anderes Beispiel ist der Kreis Esslingen (Baden-Württemberg), in dem 3,5 zusätzliche
Stellen für die elektronische Langzeitarchivierung wie auch für die Beratung zu Fragen der
digitalen Schriftgutverwaltung eingerichtet worden sind. Dies entspricht in etwa einem VZÄ
1

Hierzu zusammenfassend Thüringisches Hauptstaatsarchiv (Hg.), Fach- und Organisationskonzept Digitales
Magazin des Freistaats Thüringen. Version 1.5, S. 41.

4

Anlage 2
auf 150.000 Einwohner. Die Städte Troisdorf (77.000 Ew.) und Sankt Augustin (55.000 Ew.)
haben 2020 jeweils eine neue Stelle des gD im Archiv eingerichtet, die zwischen 50 und 75%
der regulären Arbeitszeit für digitale Belange vorgesehen ist.
Exemplarisch sei auch auf das interkommunale Archiv im östlichen Rhein-Sieg-Kreis
verwiesen. Hier beschäftigen sieben Kommunen (Eitorf, Lohmar, Much, NeunkirchenSeelscheid, Rösrath, Ruppichteroth, Windeck) einen ausgebildeten Archivar, u.a. für die
Fragen zur elektronische Langzeitarchivierung.
Einer kreisfreien Stadt mit knapp 300.000 Einwohnern haben wir nach ausführlicher
Evaluierung des Bedarfs im Zuge der Erstellung einer Archivkonzeption die Schaffung von
1,7 zusätzlichen VZÄ empfohlen; einer kreisfreien Stadt mit ca. 100.000 Ew. die Schaffung
von 0,5 VZÄ; einer kreisangehörigen Kommune mit ca. 35.000 Ew. die Schaffung von 0,32
VZÄ.
Im LVR-AFZ hat man auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters reagiert, indem man
bisher dem mittleren Dienst zugeordnete Stellen neu bewertet und mit Kolleg*innen des
gehobenen sowie des höheren Dienstes besetzt hat. – Die Stadt Leipzig hat eigens für die
elektronische Archivierung ein zusätzliches VZÄ und eine zusätzliche Volontärstelle
eingerichtet.

Personeller Mehrbedarf für einzelne archivarische Fachaufgaben durch Digitalisierung:
1. Überlieferungsbildung:
a. Zusätzliche Aufgaben: Ja.

Unter Mitwirkung der zuständigen Stellen (z.B.
Datenschutzbeauftragte, IT) Erstellung und Verwaltung eines
Verzeichnisses aller Fileablagen, Fachverfahren, Datenbanken und
sonstigen Programme, die in der Verwaltung genutzt werden und in
denen potentiell archivwürdige Unterlagen anfallen; grundsätzliche
Entscheidung über Archivfähigkeit (z.B. Formate, Schnittstellen) und
Archivwürdigkeit/ Relevanz; ständige Fortschreibung des
Verzeichnisses; ständige Aktualisierung und Überprüfung gefällter
Entscheidungen.

Mitwirkung bei der Anschaffung von neuen Fachverfahren,
Dokumentenmanagementsystemen usf.; Zuständigkeit für die
Einhaltung von archivfachlichen Normen (z.B. xdomea-Schnittstelle)
sowie von Mindeststandards des Records Managements (z.B. DIN ISO
15489).

Mitwirkung bei der Ablösung der analogen durch eine
elektronische Akte (u.a. Vermittlung von Grundsätzen der
Schriftgutverwaltung, Entwicklung/ Wiederbelebung von
Aktenplänen); in diesem Zusammenhang auch Mitwirkung bei
Digitalisierungsvorhaben (vgl. §10 E-GovG NRW).

Bewertung von elektronischen Unterlagen (Fileablagen,
Fachverfahren, Datenbanken usf.). Dies beinhaltet die Sichtung/
Vorordnung und ggf. Migration von umfangreichen Dateisammlungen
inklusive Pre-Ingest und Ingest in ein eLZA, ferner die Mitwirkung bei
der Entwicklung von Schnittstellen (i.d.R. in Absprache mit
5

Anlage 2
Fachgremien und IT-Dienstleistern). Hinzukommt die konkrete Frage
nach der Archivwürdigkeit der in elektronischen Systemen enthaltenen
Informationen. Diese Form der Bewertung von elektronischen
Unterlagen unterscheidet sich grundlegend von der oben beschriebenen
Entscheidung über die Archivwürdigkeit ganzer Fachverfahren, aber
auch von Instrumentarien und Methodik der Überlieferungsbildung im
analogen Zeitalter. So muss z.B. nicht nur über die Archivwürdigkeit
ganzer Akten und Vorgänge, sondern vermehrt auch über die
Archivwürdigkeit von einzelnen Datenbankfeldern o.ä. diskutiert und
befunden werden.
b. Reduzierung bisheriger Aufgaben: Nein. Erst mit deutlicher zeitlicher
Verzögerung nach dem vollständigen Umstieg auf eine elektronische Akte ist
mit wegfallenden Aufgaben zu rechnen. Bis zu diesem Zeitpunkt fallen
weiterhin große Menge papierenen Registraturguts an und müssen bewertet
werden.
2. Organisations- und Archivmanagement:
a. Zusätzliche Aufgaben: Ja.

Implementierung eines elektronischen Langzeitarchivs, ggf.
durch Anschluss an eine bestehende Verbundlösung (z.B. DA NRW).

Verantwortung für die Einhaltung archivfachlicher Standards,
Zuverlässigkeit der Kooperationspartner.


Vertretung in Arbeitskreisen und Fachgremien.


Zunehmende Bedeutung und Relevanz rechtlicher
Fragestellungen (v.a. Urheberecht, Datenschutz).

Kommunikation mit dem Archivträger (z.B. „Warum
digitalisieren wir nicht alles?“, „Warum verursacht eLZA hohe
Kosten?“, „Warum nutzen wir nicht die ‚Archivfunktion‘ des
Fachverfahrens/ Dokumentenmanagementsystems?“).
b. Reduzierung bisheriger Aufgaben: Nein. Organisatorisch tritt digitales Archiv
neben, nicht anstelle des analogen.
3. Erschließung:
a. Zusätzliche Aufgaben: Ja.

Mit einzelnen Ablieferungen kommen sehr große Mengen
Archivgut auf einmal ins Haus: 2015 hat das Hessische Landesarchiv
alleine aus der Odenwaldschule 1,2 Mio. Datensätze übernommen.
b. Reduzierung bisheriger Aufgaben: Teilweise. Die Erschließung analogen
Archivguts bleibt auf absehbare Zeit eine Daueraufgabe. Mittelfristig ist aber
zu erwarten, dass sich bei digitalem Archivgut Möglichkeiten der
automatisierten Erschließung implementieren lassen.

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Anlage 2
4. Benutzung und Beauskunftung:
a. Zusätzliche Aufgaben: Ja.

Aufgrund rechtlicher und technischer Beschränkungen
zumindest bis zur Entwicklung performanter digitaler Lesesäle erhöhter
Aufwand bei der Beantwortung von Anfragen. Anders als im analogen
Zeitalter werden Unterlagen z.T. für die Benutzung vorbereitet werden
müssen bzw. (arbeitsaufwendige) schriftliche Auskünfte an die Stelle
der Einsichtnahme durch Nutzer*innen treten (z.B. „händische“
Erstellung von dissemination information packages).
b. Reduzierung bisheriger Aufgaben: Teilweise, aber erst sobald performante
digitale Lesesäle zur Verfügung stehen (siehe oben).
5. Bestandserhaltung
a. Zusätzliche Aufgaben: Ja.

Herstellung der Archivfähigkeit im Vorfeld der Übernahme
(z.B. Formatvalidierung, Migration in archivfähige Formate).

In Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern und digitalen
Verbundarchiven Verantwortung für preservation planning: Ständige
Überwachung sowie ggf. (Wieder-)Herstellung der dauerhaften
Archivfähigkeit.

Koordination und Durchführung von Digitalisierungsprojekten,
v.a. Ersetzendes Scannen von Archivalien, die sich aus technischen
Gründen nicht dauerhaft erhalten lassen (z.B. AV-Medien, stark
säurehaltiges Papier).
b. Reduzierung bisheriger Aufgaben: Nein. Digitales Magazin tritt neben, nicht
anstelle der physischen Magazinräume.
6. Historische Bildungsarbeit/ Öffentlichkeitsarbeit:
a. Zusätzliche Aufgaben: Nein.
b. Reduzierung bisheriger Aufgaben: Nein.

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